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Heilsame Wärme

Warm tut gut: Fango, Sauna und Rotlicht steigern das Wohlbefinden und mobilisieren die Selbstheilungskräfte des Körpers

von Monika Holthoff-Stenger, 02.03.2020

Abtauchen im Thermalbad: Das heiße Nass entspannt Körper und Seele

Wärme tut nicht nur gut, sie heilt auch. Das wussten vor 5000 Jahren schon die Ägypter und packten warmen Nilschlamm auf ihre schmerzenden Glieder. Der griechische Arzt Hippokrates beschrieb die Wirkung von heißen Umschlägen und Dampf, die Römer bauten 200 vor Christus die ersten Thermen. Berühmt wurden heiß-kalte Wechselgüsse im 19. Jahrhundert durch Sebastian Kneipp.

Heute sind Wärme­anwendungen fester Bestandteil der Hausapotheke und der Physiotherapie. "Wärme, kombiniert mit Bewegung, hilft oft am besten gegen Verspannungen und Schmerz", sagt Apotheker Lars Koeppe aus Eberswalde und rät zu Wärmepflastern und -salben: "Sie gewährleisten Bewegungsfreiheit."

Wärmflasche wirkt wie Schmerzmittel

In der ärztlichen Therapie kommen andere Wärmeträger zum Einsatz, sagt Professor Andreas Michalsen, Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde am Immanuel- Krankenhaus Berlin: "Fango, Sauna, heiße Bäder oder Rotlicht werden angewendet, wenn Schmerzen gelindert, der Blutdruck gesenkt, das Immunsystem gestärkt und Infekte bekämpft werden sollen."

Wärme hilft unter anderem bei Atemwegserkrankungen, Bluthochdruck, Arthrose, Reizdarm, Fibromyalgie und Rheuma. Britischen Forschern zufolge kann bereits eine Wärmflasche wie ein Schmerzmittel wirken: In der erhitzten Haut nahe dem Schmerzherd springen Wärmerezeptoren an. Sie blockieren wiederum Rezeptoren für Schmerz - sodass Betroffene die Pein nicht mehr wahrnehmen.

Bessere Durchbltung, starkes Immunsystem

Wärme kurbelt außerdem die Durchblutung an: Zellen erhalten ein Plus an Sauerstoff und Nährstoffen, Abbauprodukte und Schadstoffe werden rasch abtransportiert. Innere Organe erreicht die Wärme indirekt über Nervenbahnen. Das scheint die Genesung zu beschleunigen, berichtet Mediziner Michalsen: " Muskeln entspannen sich, Gewebeschäden heilen schneller ab."

Sauna und Dampfbad stärken das Immun- und das Herz-Kreislauf-System: Der Temperaturwechsel hält die Gefäße elastisch, der Körper verträgt große Temperaturschwankungen besser. Durch die verstärkte Durchblutung werden Krankheitserreger in den Atemwegen wirksam bekämpft.

Dampfbad, Fango und Torf

Eine milde Variante der Sauna ist das Dampfbad mit 45 bis 55 Grad Celsius. Vorteil: Die hohe Luftfeuchtigkeit hält zusätzlich die Schleimhäute feucht. Herz-Kreislauf- oder Atemwegspatienten sollten allerdings vor der ersten Schwitzkur ihre Belastbarkeit von einem Arzt einschätzen lassen.

Gegen Rückenschmerzen, verspannte ­Muskeln oder Rheuma (nicht im akuten Schub) helfen Fango-Packungen. Der ­Mineralschlamm vulkanischen Ursprungs wird in Massagepraxen oft mit Paraffin versetzt, auf 50 Grad Celsius erhitzt und auf die gewünschten Körperstellen gelegt. "Er spendet lang anhaltend Wärme, ohne die Haut zu verbrennen", sagt Michalsen.

Torf hemmt zusätzlich Keime und Entzündungen. Weil er als weniger heiß empfunden wird, werden Wärmebäder gegen Arthrose, Rheuma und Hautprobleme möglich. Heilerde wirkt als Maske oder Wickel bei chronischentzündlichen Gelenkerkrankungen.

Künstliches Fieber

Soll Wärme unter der Hautoberfläche erzeugt werden, setzen Therapeuten auf Infrarotstrahlen und elektromagnetische Wellen. Wassergefiltertes Infrarot A, eine hautschonende Form des Rotlichts, fördert die Wundheilung, mindert Schmerzen sowie Entzündungen und verbessert die Infektabwehr.

Mithilfe von Infrarotstrahlen, Mikro- oder Radiowellen erzeugen Ärzte zudem künstliches ­Fieber (Hyperthermie): "Sie überwärmen so den Körper oder einzelne Partien, ­aktivieren das Immunsystem und ­bekämpfen Krankheitserreger und sogar Krebszellen", erläutert Michalsen.

"Heiße Fuß- oder Vollbäder, feuchtwarme Wickel und Umschläge lockern Muskeln", rät Apotheker Koeppe. Bewährt hat sich die "Heiße Rolle": Handtuch eng zusammenrollen, heißes Wasser in den Tuch- Trichter gießen, mit leichtem Druck über verspannte Regionen rollen. Wechselgüsse unter ärztlicher Kontrolle senken den Blutdruck.

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