Mona Linke

Freie Journalistin, Berlin

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Zu grün, um wahr zu sein

© Illustration: Jonas Loose für DIE ZEIT

Wenn Gerd Lehmann in sein Telefon spricht, dann raschelt Papier im Hintergrund. Lehmann hat all die Unterlagen bereitgelegt, die seine Geschichte dokumentieren. Eine Geschichte, in der am Ende seine gesamte Altersvorsorge auf dem Spiel stehen wird. Und die ihm etwas unangenehm ist, weswegen er hier nicht mit seinem tatsächlichen Namen genannt wird.

Die Geschichte beginnt 2012, da tätigt Lehmann sein erstes ökologisches Investment, oder zumindest glaubt er das. Für 140.000 Euro kauft er Bäume, genauer gesagt: 1.000 Teak-Bäume, die angeblich auf einer Plantage in Brasilien stehen. Die sollen bewirtschaftet und er soll mit bis zu 9.000 Euro pro Jahr an den Verkaufserlösen beteiligt werden. Er wünschte, er hätte damals einfach in eine Immobilie investiert, sagt Lehmann heute. Denn gegen die Geschäftsführer der Schweizer Sharewood AG, von der Lehmann die Bäume gekauft hat, wird strafrechtlich ermittelt. Noch ist zwar nicht geklärt, ob die Firma wirklich betrogen oder einfach falsch kalkuliert hat. Aber Lehmann, der wie viele der 400 betroffenen Anlegerinnen und Anleger nun gegen Sharewood klagt, wäre schon froh, wenigstens einen Teil seines Einsatzes zurückzubekommen. "Ich würde behaupten, so ein Investment ist nur etwas für Millionäre, die ihr Geld zum Fenster hinauswerfen können", sagt der 58-Jährige. Sharewood war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Als Gerd Lehmann in die Bäume investierte, gefiel ihm der Gedanke, dass sein umweltfreundlich angelegt wird - und er dafür auch noch belohnt wird. Damals war er mit diesem Wunsch noch eher eine Ausnahme. Heute ist die Nachfrage nach grünen Investments immens: Laut einer Umfrage der Fondsgesellschaft Union Investment möchten 60 Prozent der deutschen Privatanleger nachhaltig investieren. 2010 waren es nur halb so viele. Rückenwind bekommt die grüne Finanzbranche auch aus der Politik: Die EU möchte bis 2050 klimaneutral sein. Gelingen soll das auch, indem Investitionen in grüne Geldanlagen gefördert werden.

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