Mona Berner

Freie Journalistin, Leipzig

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Seiffen im Erzgebirge: Traditionell arm

Hier steht sie: Eine der neuesten Figuren, die man in diesem Jahr im Weihnachtswunderland im Erzgebirge kaufen kann. Es handelt sich um einen hölzernen Elch in schwarzer Bergmannsuniform, der mit Swarovski-Steinen verziert ist. 145 Euro kostet das Stück in der mittleren Größe, zwölf Zentimeter. Mehr als doppelt so viel, 360 Euro, muss man für den weißen Elch dahinter bezahlen, der auf einem Schaukelpferd sitzt. Die linke Seite in der Vitrine des Holzkunst-Geschäfts ist schon leer, verkauft. Nur das Preisschild liegt noch da: 250 Euro kostete das, was da mal stand.

Die Holzkunst aus Seiffen ist keine Billigware, das weiß man. Das ist auch den Tausenden Touristen aus aller Welt klar, die Advent für Advent in diese 2000-Einwohner-Gemeinde reisen. In das Vorzeigedorf des Erzgebirges. Handarbeit kostet.

Es gibt allerdings etwas, das man bislang über Seiffen nicht wusste und das da nicht so recht ins Bild passt. Eine von ZEIT ONLINE durchgeführte Auswertung von Gehaltsdaten der Bundesagentur für Arbeit hat es im September ans Licht gebracht: Ausgerechnet Seiffen ist offenbar eine arme Gemeinde. Jedenfalls, wenn man das Einkommen der Bewohner zum Maßstab nimmt. Nur in einer anderen Kommune, Binz an der Ostsee, sind die Gehälter noch geringer. Ein Vollzeit-Angestellter verdient in Seiffen im Mittel 2246 Euro brutto im Monat. Deutschlandweit liegt der Wert fast 1300 Euro höher.

Wie kann das sein in einem Ort, in dem Touristen so viel ausgeben?


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