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IT bietet große Einsparpotenziale

Knapp 2,4 Millionen Server gibt es derzeit in Deutschland – und alle benötigen Strom. Aber nicht allein ihr Betrieb, sondern vor allem auch deren Kühlung treibt die Energierechnungen in die Höhe. Dabei gibt es im gesamten Bereich der Informationstechnik (IT) einige Möglichkeiten, Strom einzusparen.


Von Mirko Besch (Foto: Christian Jungeblodt)

In Deutschland benötigen Computer, Internet, Telefonie und Co. jährlich etwa 55 Terawattstunden (TWh) Strom – also etwa zehn Prozent des gesamten deutschen Stromverbrauchs. Auf die über 51.000 Rechenzentren entfallen dabei zehn TWh. Ein Wert, der in den vergangenen sechs Jahren relativ konstant geblieben ist. Zuvor hatte sich der Verbrauch zwischen 2000 und 2008 von vier TWh auf den heutigen Stand drastisch erhöht. Neben der Wirtschaftskrise verhinderte auch die 2007 aufgekommene Green-IT-Diskussion einen weiteren Anstieg. „Dadurch wurde vielen erst bewusst, wie viel Strom die Informationstechnik verbraucht. Die ersten Einsparpotenziale, die sogenannten Low hanging fruits, wurden dann schnell erschlossen, gerade im Bereich Klimatisierung“, erklärt Dr. Ralph Hintemann, Senior Researcher am Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit in Berlin.

Trotz erster Maßnahmen ist die Klimatisierung in Rechenzentren nach wie vor der große Energiefresser. „Bei manchen kleinen Rechenzentren ist es extrem, wie viel Strom verschwendet wird“, sagt Hintemann. Nicht selten sei es der Fall, dass Rechenzentren für die Klimatisierung der Computer genauso viel Strom verwenden wie für den Betrieb der IT. „Dabei könnte man mithilfe einer neuen Anlage mit einem Fünftel davon auskommen.“ Doch dafür müsste man in neue Technologien investieren. „Das lohnt sich bei älteren Anlagen fast immer. Aber bei Rechenzentren heißt es meist: Never touch a running system!“

Die technischen Möglichkeiten sind laut Hintemann jedenfalls vielfältig. „Man könnte den Energieverbrauch bis 2020 halbieren, wenn man alles, was derzeit möglich ist, ausnutzen würde. Das Ziel unserer Arbeit ist es daher, immer wieder die hohen Einsparpotenziale in der IT aufzuzeigen.“ Solche Potenziale bietet zum Beispiel die Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV): „Oft sind noch Geräte im Einsatz, die 20 Prozent des eingesetzten Stroms nur dafür verwenden, dass der Strom nicht plötzlich weg ist. Mit modernen USV-Geräten kriegen Sie diesen Wert leicht auf unter fünf Prozent“, erklärt der IT-Experte. Weitere Einsparungen seien durch den Einsatz eines intelligenten Lastmanagements möglich, das zum Beispiel Server herunterfährt, die gerade nicht gebraucht werden.

Viel kann auch dadurch erreicht werden, dass die Abwärme der Rechenzentren intelligent genutzt wird. „Zum Beispiel zur Gebäudebeheizung oder zur Warmwasserbereitung“, sagt der 49-Jährige. Am besten stelle man die Server direkt dorthin, wo es einen entsprechenden Wärmebedarf gibt – in die Nähe von Schwimmbädern oder Krankenhäusern.

Natürlich tragen auch die IT-Hersteller zur Reduzierung des Energieverbrauchs bei. „Die Geräte sind deutlich effizienter geworden.“ Und es gibt inzwischen Computer, die mehr Wärme vertragen. „Bis vor ein paar Jahren hieß es, in einem Rechenzentrum sollten etwa 18 Grad Celsius herrschen. Mittlerweile gibt es Rechenzentren, in denen es 26 Grad warm ist, vereinzelt sogar über 30 Grad.“ Dort könne man nun vermehrt mit Außenluft kühlen und benötige weniger Energie zur Klimatisierung.

Trotz der großen Einsparpotenziale werde der Stromverbrauch künftig ohne deutlich verstärkte Anstrengungen wohl nicht sinken. „Auf der einen Seite wird die IT zwar immer effizienter und produziert immer mehr Rechenleistung pro eingesetztem Strom. Auf der anderen Seite gibt es aber auch immer mehr Rechner und man surft heute im Schnitt deutlich länger im Internet als noch vor fünf Jahren. Die verbesserte Effizienz wird durch eine vermehrte Nutzung also immer wieder ausgeglichen“, sagt Hintemann. Das bestätigt auch eine aktuelle Studie des Borderstep Instituts. Der Stromverbrauch der Rechenzentren in Deutschland stieg 2014 wieder deutlich – und bis 2020 wird er um etwa 20 Prozent weiter anwachsen. In anderen Ländern droht der Energiebedarf dagegen ins Unermessliche zu steigen: „Man geht davon aus, dass der Stromverbrauch von Rechenzentren bis 2020 im Vergleich zu 2012 weltweit um über 60 Prozent zunehmen wird.“

Zur Person
Ralph Hintemann
forscht als Ingenieur und Wirtschaftswissenschaftler seit mehr als 20 Jahren zu neuen Technologien und innovativen IT-Lösungen sowie den Möglichkeiten, hiermit Energie und andere Ressourcen zu sparen. Er studierte Maschinenbau und Wirtschaftswissenschaften an der RWTH Aachen und war dort von 1991 bis 2000 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Umweltforschung. Ab 2001 arbeitete er beim Hightech-Verband BITKOM in Berlin. Seit 2009 ist er am Borderstep Institut tätig.


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