Miriam Rupp

Brand Storytelling für PR, Content Marketing & Employer Branding, Berlin

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Super Bowl 2023 - Vorwärts in die Vergangenheit

"Crypto Bowl” – So wurde das alljährliche NFL-Finale im letzten Jahr getauft, nachdem Kryptounternehmen insgesamt 39 Millionen US-Dollar für die begehrten Werbespots während des TV-Highlights ausgegeben hatten. Prominente wie Matt Damon und Larry David warben für Plattformen wie Crypto.com und FTX und warnten davor, den Kryptozug besser nicht zu verpassen. Genau diese Firmen sind nun, ein turbulentes Jahr später, pleite, vor Gericht oder besser beraten, erstmal den Ball flach zu halten.


Welches Zukunftsthema sollte also nun den diesjährigen Super Bowl prägen? Metaverse, Künstliche Intelligenz oder Roboter? Wie sich herausstellte, war der Haupttrend nicht das Beste von heute, sondern die 80er-, 90er- und 00er-Jahre. Zahlreiche Popkultur-Referenzen luden das Publikum dazu ein, in Erinnerungen zu schwelgen. Die Geldzurück-App Rakuten engagierte Alicia Silverstone, um ihre legendäre Rolle als Cher Horowitz im Film „Clueless” wieder aufleben zu lassen, inklusive ihres ikonischen gelb-schwarz-karierten Schuloutfits. Die Biermarke Michelob feierte zusammen mit Tennis-Superstar Serena Williams eine Hommage an die Golfkomödie „Caddyshack” aus den 80er-Jahren. Die Snack-Marke Popcorners brachte in ihrem Super Bowl-Debut Walter White und Jesse Pinkman von „Breaking Bad” zurück. Der Rapper Diddy sollte einen Jingle für Uber One schreiben und hat dafür auf diverse "One"-Hit-Wonders der 90er zurückgegriffen, die ihn im Studio besuchten. Herausgekommen ist der Ohrwurm von „Uber One”, gesungen von Haddaway zur Melodie seines Hits „What is love”.


„KULTURELLE REFERENZEN UND NOSTALGIE STEIGERN DIE WERBEWIRKUNG."


Hätten wir in Deutschland so etwas wie den Super Bowl, würde dann Franka Potente als Lola für Nike rennen oder Herbert Grönemeyer in einem U-Boot eine Koch-App ausprobieren? Warum eigentlich nicht? Kulturelle Referenzen und Nostalgie steigern die Werbewirkung. Marken bringen so positive Erinnerungen ins Spiel.


Zukunftsmusik war in diesem Jahr definitiv nicht der Schlüssel zu den Herzen der TV-Zuschauenden. So gab es gar eine Kampagne gegen (!) Tesla und seine anscheinend sehr unsichere Selbstfahr-Technologie. Wie weit es für manche amerikanische Organisationen sogar zurückgehen kann, zeigte eine völlig unironische Kampagne für einen Superstar der ursprünglichen 00er-Jahre: Jesus.


Mein persönliches Highlight des Super Bowl greift ein Paradebeispiel für einen alltäglichen Moment im Hier und Jetzt auf, den wir nicht zuletzt vielen Technologieanbietern zu verdanken haben: das Warten in der Service-Hotline. Im Spot „Hold” sehen wir den Schauspieler Miles Teller und seine Frau Keleigh – sie hängt in der Warteschleife fest, er holt ein Bud Light für sie beide, und aus der langweiligen Wartezeit wird ein spielerisches Date. Besser als der Promi-Faktor wirkt vielmehr die glaubwürdige, sympathische Chemie zwischen dem Paar, und statt der Technologie mit ihren lästigen und entfremdenden Nebenwirkungen wird die menschliche Verbundenheit gefeiert.

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