Worum geht es? Die Hamburger Traditions-Brauerei Astra brachte kürzlich an vier Hausfassaden großflächige Plakate an. Darauf zu sehen: ein dunkelhäutiger Mann, verkleidet als Meerjungfrau, der ein paar Dosen Astra-„Kiezmische" in die Kamera hält. Der Slogan dazu: „Wolle Dose kaufen?", eine Anspielung auf den bekannten Spruch vieler Männer - oft mit Migrationshintergrund -, die abends durch die Restaurants und Bars ziehen, um ihre Rosen loszuwerden.
Als einer der ersten wurde MOPO-Insider Erik Hauth darauf aufmerksam. Sein Vorwurf: Die Plakate seien „offensichtlich rassistisch". Wenig später holte dann auch der FC St. Pauli zur Attacke aus: „Hey Astra Bier, wir haben was dagegen! Rassismus ist nicht lustig und nicht akzeptabel", heißt es in einem Facebook-Post des Kiezklubs. Besonders pikant: Astra zählt zu den Sponsoren von St. Pauli.
Der Shitstorm war in vollem Gange - und offensichtlich so heftig, dass der Bierbrauer nun zurückrudert und die Plakate abhängen will.
Die MOPO fragte beim zugehörigen Mutter-Konzern Carlsberg nach: Was ist dran an den Rassismus-Vorwürfen? Sprecherin Linda Hasselmann wiegelte sofort ab: „Wer uns kennt, der weiß, dass wir alles andere als rassistisch sind."
Es ist nicht die erste Mal, dass Astra mit einer Werbebotschaft die Gemüter erhitzt. Zuletzt sorgte ein Plakat für Ärger, das eine vollbusige, knapp bekleidete Kellnerin zeigte.
Man sei sich bei Astra durchaus bewusst, dass man sich „humoristisch immer an der Grenze bewege", so Hasselmann, „aber genau das schätzen unsere Fans ja auch an uns. So ist Astra." Es würden regelmäßig „Leute aufs Korn genommen", das geschehe aber immer auf eine „charmant-lustig Art und Weise".
Leider sei es bei dem aktuellen Plakat „nicht gelungen, den Nerv aller zu treffen" erklärte die Sprecherin weiter. Deswegen sollen die Motive nun abgehängt werden. Knickt Astra also ein? „Nein", sagte Hasselmann. „Geschmäcker sind immer verschieden, aber das ist hier ein zu sensibles Thema, um da weiter in die Konfrontation zu gehen."
Aber wer hat das von der Werbeagentur Philipp und Keuntje entworfene Plakat bei Astra beziehungsweise Carlsberg überhaupt abgesegnet? „Das geht durch mehrere Hände", erklärte Hasselmann. Man versichere sich selbst aber immer im Vorfeld, ob man mit den jeweiligen Motiven zu weit gehe. So habe man kürzlich vor der Veröffentlichung eines Plakats mit einer Rollstuhlfahrerin vor einer Table-Dance-Stange („So läuft das auf St. Pauli") beim Hamburger Behindertensport-Verband nachgefragt, „aber die fanden das überhaupt nicht schlimm", so Hasselmann.
Bei der aktuellen Meerjungfrau-Kampagne habe man sich Rat beim Hamburger Taxifahrer-Duo Monty und Lovely geholt. „Die fühlten sich dadurch nicht angegriffen", sagte die Pressesprecherin.
Da sich so viele andere aber an dem Motiv stoßen, habe Astra nun auch ein Facebook-Posting veröffentlicht, in dem die Marke Stellung bezieht. Darin heißt es: „Unsere Art, wie wir die Dinge angehen, ist sicher nicht die Weichspüler-Werbevariante - aber Astra wäre nicht Astra, wenn wir nicht auch mal anecken."
Und weiter: „Trotz allem bedauern wir, wenn das ausgewählte Motiv für manche von euch die Linie einen Fußtritt zu weit überschritten und euch im Ergebnis verärgert hat. Wie durchlässig diese Grenze zum rassistischen Klischee ist, haben wir durch eure Reaktionen gemerkt. "
Und nun? Hat der Vorfall Konsequenzen? Man wolle sich in jedem Fall noch einmal mit Philipp und Keuntje zusammensetzen und das Ganze besprechen, erklärte Hasselmann. Einen Trennungsgrund sehe man aber nicht.
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