Das Theater im denkmalgeschützten Backsteinhaus in der Friedrichshagener Straße 9 hat eine lange Tradition. Seine Geschichte ist eng mit dem Wandel des Stadtteils Köpenick verknüpft. Am 14. Februar 1889 öffnete das „Stadttheater Cöpenick“ am Alten Markt seine Pforten. Gegeben wurde der Schwank „Wie verschafft man sich eine Frau“.
Ist zwar das damalige Premierenthema ewig jung, so drehen sich heute die Fragen der Theaterfreunde eher um die Frage: Wie kommt man an Fördergelder? Die Zukunft des Hauses und damit eines lebendigen Teils der Kiezkultur ist ungewiss. Denn der Bezirk ließ die Förderung für das Haus auslaufen.
Cornelia Wetzlich, Geschäftsführerin der Kunstfabrik Köpenick GmbH, die das Stadttheater betreibt, sieht sich mit einer paradoxen Situation konfrontiert. „Wir sind ein richtiges Stadttheater. Wir agieren vor Ort, haben eine vielfältige Ausrichtung und machen Theater für alle Altersgruppen“, erklärt Wetzlich beim Rundgang durch die Theaterräume.
Beeindruckende Besucherzahlen
Generationen zu verbinden, ist das Motto des Hauses. Die Kinder- und Jugendtheateraufführungen sind glänzend besucht und bei Kitagruppen sehr gefragt. Zwar beschäftigt das Stadttheater kein eigenes Ensemble, doch bringt das professionell betriebene Amateur-Theater Fuga regelmäßig Premieren auf die Bühne. Im Sommer gibt es die Jugendtheaterfestspiele, bei denen Berliner und Brandenburger Schulen Stücke inszenieren und von den Theaterprofis lernen können. Mit Flüchtlingen wird Theaterarbeit geleistet, Bildungsvorträge und Angebote für Senioren runden das Programm ab.
Die Zahlen des Theaters sind beeindruckend: Die Auslastung bei den Kindertheateraufführungen liegt bei 97, im Erwachsenenbereich bei 94 Prozent – Tendenz steigend. Angesichts der Bevölkerungsentwicklung des Bezirks ist dies kein Wunder. Seit Jahren wächst die Einwohnerzahl, der Altersdurchschnitt sinkt wegen der vielen Familien, die ins Grüne gezogen sind. Und dennoch droht im Herbst das Aus.
„Wir machen genau die kulturelle Arbeit, die sich jeder in seinem Kiez wünscht“, beschreibt Wetzlich den lokalen Ansatz. Dagegen wird das Schlossplatztheater in Alt-Köpenick aus Fördertöpfen gespeist. Theaterarbeit für Kinder- und Jugendliche gibt es im Bezirk auch im FEZ.
Eine Online-Petition mit mehreren Tausend Unterschriften wurde eingereicht. Am 9. September treten ein Dutzend Künstler bei der Benefiz-Gala zum Erhalt des Hauses auf. Die Einnahmen kommen dem Stadttheater zugute. Durch den Abend führen Fernseh-Moderator Lutz Hoff und mit Künstleragent Detlef Heising der Initiator des Abends. Das Spektrum reicht von den Sängern Volker Jung und Heiko Reissig, über die Schauspielerinnen Urte Blankenstein und Uta Schorn sowie Autor Klaus Feldmann bis zu Humorist Benno Radke, um nur einige zu nenen.
Eine bewegte Geschichte droht ihr Ende zu finden. Das Theater hat nun beim Senat Spielstättenförderung beantragt. „Im Oktober wird darüber entschieden“, sagt ein Sprecher der Senatskulturverwaltung.
Zu DDR-Zeiten musste Köpenick lange ohne Theater auskommen. Denn in den 1950er-Jahren war die ursprüngliche Heimstätte abgerissen worden. Nach der Wende belebte die Kunstfabrik das Stadttheater wieder und integrierte viele über Nacht arbeitslos gewordene Profis des früheren DDR-Fernsehens in die Theaterarbeit.
Der Duft alter Theaterwelt
Provisorischer Standort wurde eine ehemalige Turnhalle. Doch ein neuer Standortwechsel wurde nötig. Es folgte der Umzug an die heutige Adresse. Von den Kartenabreißern bis zu den Schauspielern packten alle mit an. Das ehemalige Firmengelände, auf dem das Theater eine neue Heimat fand, wurde mehrmals verkauft. Die Mieten stiegen kontinuierlich. Als die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Theaterbereich, trotz sehr guter Vermittlungsquoten, zurückgefahren wurden, fielen zahlreiche Arbeitskräfte weg.
Von der Theaterwerkstatt, in der von Hand Kulissen und Requisiten gebaut werden, führt Wetzlich vor die kleine Bühne im urgemütlichen Theatersaal. Das Stadttheater atmet den Duft alter Theaterwelt. Die modernen Eventspielstätten Berlins scheinen weit weg. Wetzlich zeigt im Theaterclub Fotos von den vielen prominenten Darstellern und Künstlern, die hier mit den Besuchern nach den Aufführung zusammensitzen und plaudern. Ihr Blick scheint in weite Fernen zu schweifen. Dann sammelt sie sich und kündigt an: „Wir werden kämpfen, wir haben immer gekämpft.“
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