Schockierende Auswirkungen : Das erleben Paare, wenn sie ihre Handys ausschalten
Sonntag, 04.12.2016, 12:31 · von FOCUS-Online-Autorin Michaela Strassmair
Handy aus, Beziehung an: Bei vielen Paaren ist das Smartphone immer griffbereit und funkt ständig dazwischen. Doch was passiert, wenn beide das Gerät für eine Zeit verbannen und nicht mehr voneinander abgelenkt sind?
Das Handy ist zu unserem ständigen Begleiter geworden. Wer permanent auf sein Handy starrt, weist seinen Partner dadurch zurück. Handys können Partnerschaften tatsächlich auseinander bringen.
Vor zehn Jahren empfanden es die meisten Menschen noch als unhöflich, wenn der Partner beim gemeinsamen Essen, während eines Gesprächs oder beim Kuscheln auf dem Sofa zu seinem piepsenden Handy griff. Es glich einem Tabubruch.
Heutzutage ist die ständige Handybereitschaft durch alle Gesellschaftsschichten und in allen Altersklassen ganz normal - jeder scheint ein Digital Native zu sein. Das Handy ist zum unverzichtbaren Begleiter aufgestiegen, das ständig und überall dabei ist, weil es unser Leben vereinfachen soll.
So brutal kann Handyklingeln seinIn punkto Partnerschaft führt die ständige Erreichbarkeit zu einer fatalen Entwicklung: Gefühle von Einsamkeit und Zurückweisung kommen während des Zusammenseins auf, wenn sich der andere permanent von seinem Smartphone ablenken lässt. „Ein klingelndes Handy hat etwas Brutales, es bricht in eine menschliche Beziehung hinein wie kleine Kinder, die im Gespräch immer dazwischenfunken", meint der Berliner Paar- und Tiefenpsychologe Wolfgang Krüger.
Grundbedürfnisse einer Partnerschaft: Anerkennung und AufmerksamkeitKrüger arbeitet seit Jahrzehnten mit Paaren, die in einer Krise stecken. Und so kennt er aus seiner Praxis auch die Problematik mit der Dauer-Handybereitschaft. „Das kann Partnerschaften tatsächlich auseinander bringen, weil es die normale Form der Zuwendung stört." Denn die Grundbedürfnisse einer Partnerschaft - Anerkennung und Aufmerksamkeit - würden gestört.
Entschließen sich die beiden nun gemeinsam, die Smartphones auszuschalten und für einen längeren Zeitraum beiseite zu legen, bleibt nichts mehr anderes übrig, als sich miteinander zu beschäftigen. „Dann geht es an die Basis der Beziehung, denn es stellt sich die Frage, ob die beiden Partner die Nähe ohne Ablenkung aushalten", erklärt der Psychologe. Diese Situation kommt nicht nur beim sogenannten Digital Detox auf, sondern auch in vielen Paarurlauben.
Daran erkennen Sie eine schlechte Beziehungsbasis„Ist die Basis der Liebesbeziehung nicht gut, dann kommt die Nähe als Bedrohung an", sagt Krüger, der Autor von mehr als einem Dutzend Beziehungsbüchern ist. So finden ein Drittel aller Trennungen nach einem gemeinsamen Urlaub statt, weil es dort die üblichen Rückzugsräume und Ablenkungen nicht mehr gab.
Viele Paare merken dann, dass sie sich eigentlich nichts mehr zu sagen haben.
Laut Krüger wird die Beziehung nicht erst auf der gemeinsamen Reise schlechter, „das fängt meist schon bei den Urlaubsvorbereitungen an". So könnten sich solche Paare nur schwierig auf ein Reiseziel einigen und auch das Kofferpacken empfindet jeder als sehr nervig. „Wenn beide ehrlich sind, dann merken sie es schon vorher."
Die positiven Seiten des Lebens „unplugged "Eine Auszeit mit dem Liebsten zu erleben, so lautet nach einer aktuellen Studie der Deutschen Bahn der große Wunsch von 37 Prozent der Befragten.
Diese Zeit kann sich nach Erfahrungen von Krüger aber auch sehr positiv auf Beziehungen auswirken. „Jede zweite Paarbeziehung verbessert sich durch das Rückbesinnen aufeinander, denn die Partner reden wieder mehr miteinander und merken, dass sie plötzlich viel mehr Platz und Zeit für Erotik haben und wie wichtig das eigentlich für sie ist."
Was Liebesbeziehungen brauchen: Orte der StilleBewusst auf das Smartphone zu verzichten, bedeutet auch zur Ruhe zu kommen. In solchen Phasen spürt der Mensch intensiv seine eigenen Gefühle und Wünsche, sozusagen ein Stück seiner inneren Stimme und Identität. „Beziehungen sind etwas sehr ruhiges und brauchen geschützte Räume, wo man auch die Türen zumachen kann und kein anderer stört", erläutert Psychologe Krüger. Insbesondere Liebesbeziehungen bräuchten Orte der Stille, „wo ich nur noch auf den anderen höre".
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