Bereits 2007 ist das Buch „Corporate Blogs" von Klaus Eck erschienen. Über die Jahre wurden Corporate Blogs gefühlt erst gehypt und zwischenzeitlich sogar totgesagt. Spätestens mit dem Hype-Thema „ Content Marketing" und den daraus resultierenden Auswirkungen auf SEO scheinen Corporate Blogs mal wieder einen neuen Aufschwung zu erleben. Vielleicht auch, weil viele erst jetzt schmerzhaft merken, dass sie sich Facebook viel zu sehr ausgeliefert haben, und jetzt ihre Stakeholder dort nicht mehr erreichen bzw. nur dann, wenn sie richtig viel Geld dafür in die Hand nehmen.
Viele Kommunikations-Verantwortliche haben in den vergangenen Jahren statt auf ein eigenes Corporate Blog schwerpunktmäßig auf Facebook gesetzt. Ich finde jedoch, Unternehmensblogs sollten den Kern einer jeden digitalen Kommunikationsstrategie bilden: Sie ermöglichen es, Pressearbeit, Kommunikation und Marketing in einer unterhaltsamen Weise zu machen, mit einem echten Mehrwert für die Stakeholder. Hier geht es nicht in erster Linie ums Verkaufen. Das Blog dient als Sprachrohr des Unternehmens an seine Stakeholder. Transparenz und Glaubwürdigkeit sind Schlagworte, die die großen Stärken eines Corporate Blogs beschreiben. Ein Unternehmen kann so Dialogbereitschaft signalisieren, ansprechbar sein. Es können im eigenen Blog auch Inhalte gespielt werden, die vielleicht keine Unternehmens-News für eine Pressemitteilung darstellen, die aber dennoch das Unternehmen positionieren und eine positive Außenwirkung schaffen.
Social Media Plattform-Anbieter wie Facebook, Twitter und Google+ sollten nicht die Hoheit über den digitalen Content eines Unternehmens haben! Idealerweise wird der digitale Content auf dem eigenen Corporate Blog veröffentlicht und über die sozialen Netzwerke als „Außenposten" mit Multiplikatorfunktion weiterverbreitet.
Der Start eines Corporate Blog sollte gut geplant sein. Vorüberlegungen betreffen nicht nur rein technische Fragen, wie zum Beispiel die nach der geeigneten Blog-Software und den benötigten Funktionalitäten. Die Frage, ob das Corporate Blog auf derselben Domain wie die Corporate Website laufen soll oder doch als eigenständiger Auftritt, hat SEO-Relevanz und ist eine strategische Frage. Der technische Aufbau eines Blogs geht jedoch noch vergleichsweise einfach und recht schnell. Die Vorarbeit im Sinne der Strategieentwicklung und Konzeption, sowie die kontinuierliche Arbeit am Blog im täglichen Geschäftsverkehr sind aber der eigentliche große Batzen, den einige (auch von der Kostenseite her) leider erstmal unter den Tisch fallen lassen.
Folgende Fragen sollte sich jedes Unternehmen beantworten, ehe es mit einem Corporate Blog startet: Welche Ziele sollen mit dem Blog erreicht werden? Mehr Traffic für die eigene Webpräsenz? Mehr Umsatz? Mehr Attraktivität als Arbeitgeber (Stichwort: Employer Branding)? Wie will das Unternehmen wahrgenommen werden und sich positionieren? Wer ist überhaupt die eigene Zielgruppe/ der potenzielle Leser meiner Bloginhalte? Welchen Nutzen möchten wir dieser Zielgruppe bieten? Über was wollen wir berichten? Wie oft? Wer liefert die Inhalte? Wie werden die Inhalte verbreitet?
All diese und weitere Aspekte sind Teil der im Vorfeld zu entwickelnden Content-Strategie.
1) Das Unternehmen behält die Informationshoheit über eigene Inhalte: Präsenzen auf Facebook, Twitter, Google+ etc. sind nur „geborgt". Sollte Facebook einmal nicht mehr existieren, - so schwer wir uns das auch momentan vorstellen können - wären unter Umständen alle Inhalte verloren.
2) Das Unternehmen erhält durch das Corporate Blog eine gute Auffindbarkeit und Sichtbarkeit in Suchmaschinen wie Google oder Bing. Und zwar nicht nur für den eigenen Unternehmensnamen als Suchbegriff, sondern - wenn die Content-Strategie entsprechend ausgerichtet ist - auch für die eigenen Fachthemen. Es kann also eine organische Suchmaschinen-Sichtbarkeit auch bei solchen Stakeholdern geschaffen werden, die das Unternehmen noch nicht namentlich kennen.
3) Ein Corporate Blog unterstützt das Branding des Unternehmens. Man zeigt sich als Unternehmen fortschrittlich, digital weltoffen und dialogbereit. Man zeigt Kompetenz in seinem Fachbereich, liefert vielleicht weiterführende Artikel zu seinen Produkten und transportiert damit seinen Servicegedanken und zeigt, wofür man steht.
4) Employer Branding: Auch kleine und mittelständische Unternehmen, die nicht schon per se zu den beliebtesten Arbeitgebern zählen, können durch ein gutes Employer Branding gute Bewerber für sich begeistern. Dies kann sogar das Zünglein an der Waage sein, wenn ein Bewerber mehr als ein gutes Angebot hat.
5) Im Corporate Blog gibt es dank Google Analytics und weiteren Tools die Möglichkeit, den Webtraffic ausführlich zu analysieren. Hieraus kann man zahlreiche Annahmen über Besucher und deren Bedürfnisse ableiten, Verbesserungsvorschläge bzw. Inspiration und Hinweise für neue Blogthemen erhalten usw.
6) Die eigene Corporate Identity (CI) kann mit dem Corporate Design im Blog transportiert werden. Bei sozialen Netzwerken gibt es meist nur recht eingeschränke Möglichkeiten, das Profil der eigenen CI anzupassen. Nicht so im eigenen Blog, hier hat man vollständige Gestaltungsfreiheit.
7) Hat man ein gut etabliertes Corporate Blog, kann man hierüber bei Krisen in der Kommunikation schnell reagieren, Transparenz zeigen, Stellung nehmen, deeskalieren. Somit kann man eine Krise (Stichwort: Shitstorm) vielleicht abwenden, ehe sie sich ausweitet.
8) Die einzelnen Blog-Artikel generieren Treffer in Suchmaschinen, und diese Links sind dauerhaft bei Google, Bing & Co. vorhanden. Je länger das Corporate Blog besteht und regelmäßig befüllt wird, desto mehr zahlt sich die Investition aus.
... in Blogs möchten Kunden und weitere Stakeholder keine Pressemitteilungen lesen! Diese Infos finden sie anderswo zuhauf. Im Blog gilt es, mit Geschichten zu unterhalten (Storytelling), besondere Einblicke vielleicht hinter die Kulissen zu geben, sich menschlich zu zeigen.
Ein Corporate Blog bietet viele Chancen, wenn Unternehmen und Kommunikationsverantwortliche bereit sind umzudenken, sich von alten Denkmustern zu befreien und keine Angst vor dem Dialog und einem bisschen Kontrollverlust haben.
Ein Corporate Blog will sorgfältig geplant sein, ist langfristiger Aufwand und es muss dafür Budget in die Hand genommen werden. Dies schreckt vielleicht noch manche ab, die sich dann den vermeintlich günstigeren „Alternativen" Facebook und Twitter zuwenden, um auch „dieses Social Media" zu machen. Übrigens: Das SIND keine „Alternativen"!
All diesen Entscheidungsträgern sei gesagt: Ja, ein Corporate Blog ist eine langfristige Investition, und zwar sowohl von Geld als auch von Zeit. Aber ein Corporate Blog ist auch beständiger als Postings in Facebook oder Twitter: Die Inhalte bleiben langfristig auffindbar über Google sowie die interne Suche im eigenen Blog. Wer einmal versucht hat, einen Facebook-Post oder einen Tweet von vor anderthalb Jahren wiederzufinden, weiss was ich meine. Ich muss insofern Jochen Mai beipflichten, der neulich in etwa Folgendes sagte: Will man eine langfristige Social Media Strategie implementieren, kommt man an einem Corporate Blog nicht vorbei!