Endlich ist mit "Super Mario Odyssey" der Titel da, den sich alle Nintendo-Switch-Käufer schon zum Start der Konsole gewünscht hatten. Der berühmteste Klempner der Welt geht auf ein neues 3D-Hüpfabenteuer, an das hohe Erwartungen gestellt wurden. Hält es dem stand? Wir haben das Jump 'n' Run getestet.
Die Story, das wissen Nintendo-Jünger von jeher, könnte bei jedem Super-Mario-Abenteuer nicht einfacher sein. Prinzessin Peach – Bösewicht Bowser – elendige Entführung – rastlose Rettungsmission. Das "Odyssey"-Detail ist dieses Mal, dass der Fiesling die holde Maid sogar zwangs-ehelichen will. Ein heißblütiger Italiener wie Mario kann das natürlich nicht auf sich sitzen lassen, wird aber von Bowser von dessen Luftschiff geworfen und links liegen gelassen. Sein Schicksal teilt Cappy – das spielprägende Mützenwesen, dessen Schwester Tiara ebenfalls entführt wurde. Die beiden schließen sich zu einem Team zusammen, um den wütenden Schildkröterich ein weiteres Mal zu Suppe zu verarbeiten.
Cappy ersetzt fortan Marios klassische Mütze und ermöglicht ihm dadurch allerlei Talente – natürlich als Wurfgeschoss, aber auch als Sprunghilfe und als so genannter "Captor". Da bedeutet: Mario kann im Laufe seines Abenteuers Gegner, Wesen und sogar Gegenstände mit Cappys Talent kapern, also übernehmen und steuern. Gemeinsam reisen sie mit dem Luftschiff Odyssey um die Erde und müssen sich dabei durch 14 verschiedene Welten kämpfen. Neben den üblichen sammelbaren Münzen sind für das Flugschiff auch Monde zusammenzuklauben – diese sogenannten Powermonde braucht es als Antriebsstoff, erst sie ermöglichen das entern neuer Areale.
Gameplay: Zeig mir deine Mütze und ich sag dir wer du bist!
Jede Welt stellt dem Spieler bei der Mondsuche neue Herausforderungen, die sich nur durch das "capturen" bewältigen lassen. Anfangs etwa schlüpft Mario nur in einen kleinen grünen Frosch, um noch größere Höhen zu erhüpfen, später aber lässt sich unter anderem auch in Gestalt eines wütenden T-Rex viel Chaos anrichten. Wer zudem mal in die Haut von klassischen Gegnern wie Gumbas oder Kettenhunden schlüpfen wollte, hat hier die Gelegenheit dazu. Selbst die Levelarchitektur kann mit Cappys Hilfe verändert werden, in Puzzlespielen, per Schellreisetaxi oder durch das Verschieben von Gullideckeln in New Donk City. Auch das ist in "Super Mario Odyssey" ungewöhnlich: Städte werden hier nur sehr selten in so detaillierter Form erkundet. Auch die anderen Welten sind gewohnt farbenfroh und mal besonders kalt oder heiß, grün oder düster.
Neben dem dreidimensionalen Durchsuchen der Areale setzt Nintendo dieses Mal auch auf unzählige Anspielungen auf die Geschichte des munteren Klempners. Das passiert etwa beim recht häufigen plötzlichen Wechsel in Retro-Pixelgrafik und 2D-Perspektive. "Super Mario Odyssey" ist so 'meta' wie keines seiner Hüpfabenteuer zuvor. Mehr ist mehr, das ist hier eben die Devise: Die Levels strotzen nur so vor Sammelmöglichkeiten, Rätseln und Minispielen. Dabei ist das Schwierigkeitsniveau aber meist auf einem sehr verträglichen bis niedrigen Level angesetzt. Auch hier ist "Super Mario Odyssey" sehr modern: Der Schwierigkeitsgrad ist gerade im Vergleich zur Seriengeschichte eher gering ausgefallen, sodass auch Gelegenheitshüpfer oder junge Zocker nicht demotiviert und so verschreckt werden.
Langzeitmotivation: Wer ist hier der Boss?
Bei den Bosskämpfen, den heimlichen Highlights jedes Mariospiels, hat sich Nintendo wieder ordentlich ins Zeug gelegt. Ob nun Bowsers dämliche Wedding-Planer-Hasenbande oder große fiese Ufos und klotzige Steinmonster: Die Endgegner der Welten sind kreativ und cool animiert. Wer sich wacker durch die Levels schlägt und nur mit dem Nötigsten befasst, wird lediglich zwölf bis 14 Stunden mit "Super Mario Odyssey" bis zum Abspann verbringen. Die übliche Regel gilt auch hier: Sammelwütige können ungleich mehr Zeit mit den kleinen Nebenmission und dem Suchen nach den Powermonden verbringen. Mehr als 800 Stück davon gibt es, und nach dem ersten Durchspielen sind in der Regel erst wenige Hunderte davon eingesammelt.
Bei der nächsten Durchreise öffnen sich dann neue Passagen in den Welten oder fordern stärkere Bosskämpfe den Entdecker- und Kampfgeist des Spielers. Die Mondsuche ist quasi nie ganz vorbei. Mit den Münzen lassen sich zudem neue putzige Outfits für Mario erstehen, von denen einige auf die Levels maßgeschneidert sind. Hier gleicht sich dann der geringe Schwierigkeitsgrad zumindest etwas aus, denn die Herausforderungen sind komplexer als das einfache Einsammeln und Gewinnen der für die Story nötigen Monde.
Technik: Wen interessiert das, es ist Mario!
Die Steuerung Marios geht in allen Varianten sauber und einfach von der Hand, hier lässt sich Nintendo auf der eigenen Konsole wie zu erwarten nichts vormachen. Letztlich ist es eine Frage der Präferenz, ob Handheld-, Joy-Con- oder Pro-Controller-Modus am besten zum Ziel führen. Der Soundtrack ist teilweise sehr funky und fetzig geraten, auch wenn die Stücke meilenweit vom Ohrwurmfaktor früherer Untermalungen entfernt sind.
Und muss man bei einem Mariospiel über die Grafik sprechen? Natürlich ist die nicht hyperrealistisch und fällt gerade bei den Texturen und Hintergründen auch mal eher matschig aus – allerdings läuft "Super Mario Odyssey" durchgehend mit 60 FPS. Aber um technische Unzulänglichkeiten geht es hier nicht, das Artdesign ist einfallsreich wie knuddelig und homogen, das abgegebene Bild in sich stimmig. Viel mehr muss hier auch nicht geleistet werden, denn Kameraführung und Übersichtlichkeit sind so gut wie immer vorbildlich – das ist das Wichtigste für ein gelungenes Jump 'n' Run.
"Super Mario Odyssey"-Fazit: Bestes Jump'n'Run auf dem Markt
"Super Mario Odyssey" ist ein fabelhafter 3D-Hüpfer, der in gewohnter Nintendo-Qualität alle Freunde des italienischen (Ex-)Klempners
mehr als glücklich machen wird. Durch den etwas zu geringen
Schwierigkeitsgrad, das etwa im Vergleich zu "Super Mario Galaxy" nicht
so kreative Leveldesign und die manchmal ermüdenden Sammelaktionen wird
"Odyssey" vielleicht nicht in die ewigen Top fünf der Mariohüpfer
eingehen. Aber hey: Fans bekommen quasi alles, was sie sich gewünscht
und vom Switch-Blockbuster erwartet haben. In keinem Hüpfspiel der
aktuellen Generation gibt es so viele tolle, kreative und trotzdem
tadellos spielbare Ideen. Damit ist auch diese moderne Mariovariante vor
allem eines: klassisch gut.