Maximilian Wegener

Historiker, Journalist, Wiesbaden

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Artikel

Rüstungspflege für Anfänger: Plattenrüstung entrosten und polieren | LARP

Fast jeder, der Plattenrüstung besitzt, kennt das: Eine Con im Regen, feuchter Keller oder einfach nicht aufgepasst - schon blüht der Rost. Gerade als Anfänger kann man daran verzweifeln. Das muss aber nicht sein, denn mit ein paar Kniffen sind sogar schlimme Fälle wieder hinzukriegen.

Vorweg eine allgemeine Anmerkung: Wie bei vielen anderen handwerklichen Themen führen auch beim Rüstungpolieren viele Wege zum Erfolg, und dieses Tutorial erhebt nicht den Anspruch, die einzig wahre und richtige Methode zu beschreiben. Sie wurde allerdings mehrfach getestet und hat dabei zufriedenstellende Ergebnisse geliefert.


Was brauche ich?

Für die hier beschriebene Methode braucht es vor allem einen Akkuschrauber. Natürlich kann man Rost auch von Hand wegpolieren, aber mit dem Akkuschrauber geht es in diesem Fall einfach leichter und vor allem deutlich schneller. Für das Entfernen des Rostes und die eigentliche Politur brauchen wir außerdem verschiedene Bürsten-Aufsätze für den Akkuschrauber. Die Bürsten werden im Bohrfutter des Akkuschraubers festgeklemmt, ganz ähnlich wie ein normaler Bohrkopf oder Bit. Achtet darauf, dass ihr das Futter danach arretiert - ansonsten kann es sein, dass ihr, wenn ihr in die falsche Richtung dreht, unabsichtlich die Bürste löst.


Topfbürsten

Das sind zunächst einmal sogenannte „Topfbürsten" zur Entfernung des Rosts. Diese sind scheibenförmig, mit einer Reihe steifer Borsten an der Oberseite. Für oberflächlichen Flugrost benutzen wir eine Topfbürste aus Nylon. Diese gibt es in verschiedenen Härtegraden, die durch unterschiedliche Farben gekennzeichnet sind. In diesem Fall verwenden wir eine blaue Bürste, was auf den Härtegrad „fein" hindeutet.

Gegen wirklich hartnäckigen Rost, wie etwa rostige Krusten, aber auch Rückstände von Lack, verharztem Öl und Ähnliches können wir außerdem eine Topfbürste mit Drahtborsten verwenden. Aber Achtung! Eine solche Bürste erzeugt Kratzer im Blech, die einen Matt-Effekt mit sich bringen und mühsam wieder heraus zu polieren sind. Wer seine Rüstung auf wirklichen Hochglanz bringen will, sollte deshalb besser nur im absoluten Notfall zur Drahtbürste greifen. Außerdem rauen solche Mikro-Kratzer die Oberfläche auf und vergrößern sie dadurch - das kann Rostbildung in der Zukunft begünstigen. Man sollte die Drahtbürste deshalb sehr sparsam einsetzen.


Rundbürsten

Für die eigentliche Politur gibt es Rundbürsten-Aufsätze für den Akkuschrauber mit weichen Borsten. In diesem Beispiel benutzen wir ein Polier-Set aus dem Baumarkt mit einer Rundbürste aus Seil und einer weiteren aus Stofflappen.

Poliermittel und Öl

Zusätzlich zu den Aufsätzen gibt es außerdem Mittel, die helfen, den Rost abzutragen und das Blech aufzupolieren. Hier verwenden wir dazu Universal-Öl, eine Polierpaste und außerdem Polier-Kreide aus dem schon erwähnten Polier-Set. Hinweis zum Öl: Auf keinen Fall ein säurehaltiges Öl benutzen, oder das Rüstungsteil rostet logischerweise erst recht. Es empfiehlt sich, ein handelsübliches Öl zur Pflege von Maschinen und Metallteilen zu nehmen, das hinterher auch nicht verharzt, wenn es nicht vollständig entfernt wird. Eure Rüstung wird es euch danken.

Vor dem Start: Allgemeine Tipps und Hinweise

Beim Einsatz von Topfbürsten können Partikel und sogar Funken herumfliegen, weshalb man dabei eine Schutzbrille tragen sollte. Auch Handschuhe zu tragen ist in jedem Fall ratsam. Außerdem können fliegende Öltropfen oder Reste von Poliermittel die Arbeitsoberfläche verschmutzen - man sollte deshalb schmutzempfindliche Gegenstände wegpacken und gegebenenfalls etwas unterlegen. Generell gilt: Bei der Rotationsgeschwindigkeit empfiehlt sich die Einstellung „Bohren", weil hier die Bürste schneller dreht und mehr Druck auf die Bürste ausgeübt werden kann.

Was den eingesetzten Druck angeht, muss man etwas herumprobieren. Drückt man zu stark, kann es sein, dass der Kopf durchdreht oder blockiert - man sollte also behutsam vorgehen. Man muss außerdem aufpassen, dass die Bürste nicht an Kanten oder Vorsprüngen des Rüstungsteils hängenbleibt. Ansonsten kann sie „abspringen" und schlimmstenfalls euch selbst treffen. Bei einer Nylonbürste ist das zwar unangenehm, versaut euch aber höchstens eure Klamotten. Mit der Drahtbürste allerdings könntet ihr euch dabei böse verletzen. Stellt deshalb die Drehrichtung der Bürste am besten so ein, dass ihr in Richtung der Kante bürstet und nicht dagegen.


Optionaler Schritt: Drahtbürste

Im allerersten Schritt können wir, wie oben schon angesprochen, besonders extreme Roststellen und andere hartnäckige Verschmutzungen mit der Drahtbürste entfernen. Weil das, wie schon erwähnt, aber nicht sonderlich gut für die Metalloberfläche ist, sollte dieses Mittel nur sehr dosiert zum Einsatz kommen. Die Drahtbürste verursacht nämlich eine Menge mikroskopischer Kratzer im Metall, was die Oberfläche vergrößert und dadurch anfälliger für neuerlichen Rost macht. Außerdem wird dadurch die Oberfläche matt und bekommt sichtbare Riefen, die nicht unbedingt toll aussehen und mühsam wieder wegpoliert werden müssen - dazu weiter unten mehr. Trotz alledem kann der Einsatz der Drahtbürste aber sinnvoll sein. Man sollte ihn sich nur vorher gut überlegen.

Erster Schritt: Rost entfernen mit der Nylonbürste

Bevor wir der Rüstung mit der Nylonbürste zu Leibe rücken, sprühen wir unser Werkstück mit dem Universal-Öl ein. Das Öl hilft, den Rost zu lösen, sodass die Bürste besser wirkt. Außerdem wird auf diese Weise der Rost im Öl gebunden und kann am Ende einfach zusammen mit dem Öl abgewischt werden. Man sollte allerdings darauf achten, nicht zu viel Öl zu nehmen. Einerseits läuft es sonst am Werkstück herunter und auf die Arbeitsoberfläche, andererseits wird, wenn das Werkstück in Öl „schwimmt", der Überschuss beim Aufsetzen der Bürste sehr wahrscheinlich in alle Richtungen versprüht. Nachdem das Öl einen Moment einwirken konnte, setzen wir die Nylonbürste auf und bürsten den Rost weg.


Die Rostpartikel bilden zusammen mit dem Öl einen dunklen Film, den man mit einem Schwamm oder einem Stück Küchenrolle abwischen kann. Sollte nach dem ersten Durchgang noch Rost übrig sein, den Schritt solange wiederholen, bis alle Roststellen beseitigt sind. Achtung: Gerade bei Scharnieren und beweglichen Elementen, etwa an Ellenbogen- und Kniegelenken, aber auch bei überlappenden Teilen wie Bauchreifen oder Schulterlamellen, sollte man darauf achten, in Zwischenräumen keine Roststellen zu übersehen.


Zweiter Schritt: Polieren mit der Nylonbürste

Nachdem wir den ersten Schritt beendet haben, sind die behandelten Stellen zwar (hoffentlich) rostfrei, aber durch die Behandlung mit der Bürste auch matt. Um die Oberfläche blanker zu kriegen, muss sie aufpoliert werden. Das können wir im ersten Schritt mit derselben Nylonbürste machen, die wir schon zum Entfernen des Rostes benutzt haben. Schon allein durch „trockenes" Bearbeiten der Rüstung mit der Nylonbürste unter hohem Druck und bei hoher Geschwindigkeit lässt sich das Metall ein wenig aufpolieren.


Um allerdings richtigen Glanz und vielleicht sogar eine spiegelnde Oberfläche zu erreichen, braucht es zusätzlich Poliermittel. In diesem Fall greifen wir im ersten Schritt auf Polierpaste zurück, die es in verschiedensten Varianten im Einzelhandel und natürlich auch im Baumarkt oder Autoteilehandel zu kaufen gibt. Die Polierpaste funktioniert quasi wie Zahnpasta, indem sie durch enthaltene Partikel beim Polieren die Oberfläche abschleift. Anders als bei Zahnpasta tragen wir die Polierpaste aber nicht auf die Bürste auf, sondern verreiben sie auf dem Werkstück und lassen sie trocknen. Dadurch bildet die Paste eine Art Film auf der Oberfläche, was nicht zuletzt den Vorteil hat, dass beim Arbeiten mit der Rundbüste keine Paste-Spritzer durch die Gegend fliegen.


Nachdem die Paste also getrocknet ist, polieren wir sie mit der Nylonbürste unter gleichmäßigem Druck wieder herunter. Die Paste bröselt dabei ab und landet als Staub auf der Arbeitsunterlage, also Vorsicht, dass man nichts davon einatmet - im Zweifel könnt ihr hier eine einfache Einweg-Staubschutzmaske aus dem Baumarkt benutzen. Nach diesem Schritt sollte die Oberfläche des Rüstungsteils schon etwas weniger stumpf und matt aussehen.


Dritter Schritt: Polieren mit den Stoffbürsten

Nun geht es daran, das Rüstungsteil nach und nach feiner zu polieren und das Metall so blanker und glänzender zu machen. Dazu können wir erst einmal die gleiche Polierpaste benutzen, wie im vorherigen Schritt. Allerdings kommen nun statt der Topfbürste die Rundbürsten zum Einsatz - für den ersten Durchgang die gröbere Bürste mit Borsten aus Seil, danach die weichere Bürste aus Stoff. Im Wesentlichen wiederholen wir den vorherigen Schritt, präparieren das Werkstück mit der Polierpaste und bürsten sie mit der groben Rundbürste wieder herunter. Der eingesetzte Druck sollte relativ groß sein - auch hier aber darauf achten, dass der Akkuschrauber nicht blockiert.

Danach können wir den Schritt noch einmal wiederholen, diesmal aber nicht mit der Polierpaste, sondern mit der etwas gröberen blauen Polierkreide - diese lässt sich ähnlich wie ein Wachsmalstift auftragen. Rückstände können hinterher mit ein wenig Öl abgewischt werden. Danach wiederholen wir den Vorgang, diesmal mit der hellen, etwas feineren Kreide und im Anschluss noch einmal, aber mit der weicheren Stoff-Rundbürste. Sollte das Poliermittel „trocken" nicht gut von der Bürste abgetragen werden, kann man auch hier etwas Universal-Öl benutzen.


Im Test hat sich herausgestellt, dass für den „letzten Schliff" ein abschließender Politur-Durchgang mit einem sehr feinen Poliermittel helfen kann - in diesem Fall mit einer haushaltsüblichen Edelstahl-Politur. Ganz zum Schluss kann man dann das fertig polierte Stück nochmals mit einem weichen Lappen und etwas Universal-Öl abwischen, um letzte Rückstände von Rost, Schmutz und Poliermittel zu entfernen. Danach mit einem trockenen Tuch das Öl entfernen - es sei denn, die Rüstung soll eingelagert werden. In diesem Fall kann ein feiner Ölfilm durchaus dabei helfen, die Rüstung vor neuem Rost zu schützen.


Fotografien: Maximilian Wegener


Maximilian Wegener studiert Fachjournalistik Geschichte und Politik. Seit 2002 lässt er sich im LARP und Pen&Paper in ferne Welten entführen. Im LARP pendelt er zwischen Low-Fantasy, High-Fantasy und Endzeit. Sein Steckenpferd ist dabei fantastischer Realismus und historisch inspirierte Konzepte.

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