Zelte stehen im Schlamm, Menschen müssen im Freien duschen, Frauen und Kinder stehen stundenlang bei der Essensausgabe Schlange. Die Zustände im Geflüchtetenlager Kara Tepe auf der griechischen Insel Lesbos sind nach wie vor katastrophal. Weil viele NGOs und JournalistInnen auch wegen COVID kaum Zugang bekommen oder die Insel verlassen mussten, helfen sich die InsassInnen oft selbst. Damit senden sie eine klare Botschaft nach Europa.
Raids tiefe Stimme klingt am Telefon mal melancholisch, mal stolz und bestimmt. Der 46 Jahre alte Syrer erzählt, wie er 2016 nach Nordsyrien floh, bis er 2019 zunächst in der Türkei und schließlich im Dezember des gleichen Jahres auf Lesbos landete. „Ich verlor meinen Job, mein Land und einen Großteil meiner Familie. Aber ich mache weiter.“ Raid war Sicherheits- und Umweltberater für Ölunternehmen, bevor der Krieg in Syrien hereinbrach. Neun Jahre ist es her, dass er seinen Job aufgeben musste.
Doch Raid hörte auf der Flucht nie auf, zu arbeiten. Im März 2020 gründete er die Moria White Helmets, eine Selbsthilfeorganisation im Camp Kara Tepe mit zunächst zwanzig Mitgliedern. Der Name ist den Syrian White Helmets gewidmet, die im Norden Syriens zu Kriegszeiten nach Bombeneinschlägen in eingestürzte Häuser rannten, Menschen evakuierten und etliche Leben retteten.
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