Niemand geringeres als Bandmitglied Sen Dog ordnet das inzwischen zehnte Studioalbum als eine Rückkehr zu den eigenen Wurzeln ein. "Back in black" solle ausdrücken, wie stolz er selbst, Rap-Kollege B-Real, Percussionist Eric Bobo und DJ Muggs auf ihr Schaffen als Cypress Hill, aber auch HipHop im Allgemeinen sind. Oldschool-Fans dürfen sich freuen, denn klassischer Boom Bap erscheint heutzutage immer mehr wie eine Rarität. Und auch, wenn sich hier nicht Muggs, sondern Producer Black Milk für die Beats verantwortlich zeichnet, fehlt es an nichts, was diese Gruppe zu lebenden Legenden gemacht hat: Der nasale Rap-Stil von B-Real, erlesene und manchmal fast psychedelisch wirkende Instrumentals, sowie comichafte Lyrics zwischen sympathischer Überheblichkeit, THC-Lobpreisung und der Lebenswirklichkeit junger Lateinamerikaner im urbanen Kalifornien.
Der Intro-Song "Takeover" gibt sofort die Richtung vor, enthält große Ansagen und einen Beat, welcher zeitlos gut an Westcoast-HipHop der Neunzigerjahre erinnert. "Certified" unterstreicht die Authentizität der Bandmitglieder, obwohl sie das eigentlich längst nicht mehr nötig hätten, doch die rebellischen Lines kommen nunmehr aus der Retroperspektive und wirken dadurch umso erhabener. Der Track ist ohnehin recht gelungen, dezente Samples und ein verspielter Bass unterstreichen jene bekannt starken Flows. Auch der Feature-Part von Demrick ist wie gewohnt eine unterhaltsame Ergänzung. Egal, wie oft wir diese Kollaboration noch hören dürfen, sie verliert nicht an Frische. Ebenfalls für Cypress Hill typisch ist "Come with me", ein origineller Song für jede Stoner-Party mit Instrumentals, welche einmal mehr Elemente des Dub und Reggae mit HipHop verbinden. Die dominanten Percussions ergeben, gepaart mit sphärischen Samples und Gitarreneinsatz, einen fantastischen Crossover-Stil, der in dieser Art bis heute einzigartig ist. "Champion sound" stilisiert die Jungs folgerichtig als Gewinner des jahrzehntelangen Wettbewerbs im Rap-Game – dieses Selbstbewusstsein haben sie sich schließlich durch einen innovativen Stil erkämpft und seitdem nie wirklich enttäuscht. Jenes Vermächtnis ist dem Song anzuhören, Timing und Reimketten sind nahezu perfekt eingesetzt, die Hook bleibt im Ohr: So entstehen Hits.
Etwas überraschend bricht der Closer "The ride" schließlich die Stimmung, ist jedoch besonders lyrisch abolut empfehlenswert. Denn es ist eine hohe Kunst, Themen wie Verletzlichkeit, Depressionen, eigene Zweifel, Trauer und Weltschmerz sowohl textlich als auch durch Einsatz von Beats, Scratching und Samples so stimmig und qualitativ überragend zu verarbeiten. Etwas schade, dass die musikalische Zeitreise nach nur zehn Tracks und etwas mehr als einer halben Stunde schon wieder vorbei ist. Für ein solch rundes Jubiläumsalbum hätten wenigstens eine Handvoll Nummern mehr nicht geschadet, doch sei's drum, denn das bleibt die einzige kleine Schwachstelle. Die Retro-Party macht auch auf Repeat großen Spaß und dreht die innere HipHop-Uhr gekonnt um locker dreißig Jahre zurück. Wer hier nicht mit dem Kopf nickt, hat Rap nie richtig geliebt.
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