SV Wehen Wiesbaden
Von Max Sprick
CHEMNITZ - Jeder Fußballverein lebt von seinen Legenden. Von Spielen, die dem Verein Identität stiften. Die Frankfurter Eintracht hat ihr Meisterschafts-Finale von 1959, Mainz 05 seine verpassten Aufstiege und der 1. FC Kaiserslautern hat mal 7:4 gegen Bayern München gewonnen. Spiele, an die sich jeder Fan erinnert, Spiele, die Trost spenden in Zeiten, in denen nichts Legendäres passiert.
Drittligist SV Wehen Wiesbaden hat auch so ein Spiel erlebt. Ende September ist es acht Jahre her. Damals nach dem Zweitliga-Aufstieg, als der SVWW seine Heimspiele in der Commerzbank-Arena austrug. Am achten Spieltag gastierte dort der 1. FC Köln als Spitzenmannschaft und klarer Favorit. Schnell führten die Gäste mit 2:0. Bis SVWW-Stürmer Ronny König die Partie drehte. Drei Tore schoss der damals 25-Jährige in sieben Minuten. Niemand im deutschen Profi-Fußball hatte je schneller einen Hattrick erzielt. König rettete dem damaligen Trainer Christian Hock seinen Job, leitete den legendären 4:3-Sieg des SVWW ein und brachte Kölns Trainer Christoph Daum zum Toben. „Einige müssen sich fragen, ob sie den richtigen Beruf und den richtigen Verein gewählt haben", polterte Daum.
„SVWW gehört in 2. Liga"
König hat sich mit seinem Hattrick in Wiesbaden unvergessen gemacht. Auch, wenn das heute kaum mehr eine Rolle für ihn spielt. „Ich werde nicht mehr darauf angesprochen", sagt der 32-Jährige. „Im aktuellen Fußballbetrieb geht so etwas schnell unter."
Königs aktueller Betrieb ist der Chemnitzer FC, mit dem er am heutigen Samstag (14 Uhr) den SVWW empfängt. „Klar wird das ein besonderes Spiel für mich", gibt König zu. Er verfolgt, was der SVWW so treibt, hält den Kontakt zum Verein. „Mit seinem Potenzial gehört der SVWW eigentlich in die Zweite Liga", meint König. Er sieht seine Gegner als „von den Namen her gefestigte Mannschaft". Auch, wenn sie durchschnittlich in die Saison gestartet ist.
König ist neu in der Dritten Liga. 2009 ging er vom SVWW zu Rot-Weiß Oberhausen, spielte danach drei Jahre bei Erzgebirge Aue, ehe er vergangene Saison mit Darmstadt 98 in die Bundesliga aufstieg. „Da hätte ich natürlich auch gerne gespielt", sagt er. Darmstadt gab König nach 19 Einsätzen mit einem Tor aber keinen neuen Vertrag. Der gebürtige Sachse kehrte zu dem Verein zurück, bei dem er seine ersten Schritte als Profi gemacht hatte. Für ihn „eine Herzensangelegenheit".
Chemnitz ist gut gestartet, verlor unter der Woche beim FC Magdeburg zum ersten Mal. „Das schöne an einer englischen Woche ist ja, dass man so eine Niederlage ein paar Tage später wiedergutmachen kann", sagt König. Dafür ließ sein Trainer Karsten Heine die Chemnitzer Kicker nach ihrer Rückkehr um 2:30 Uhr morgens noch auslaufen. „Eine gute Maßnahme. Bevor jeder heimfuhr, haben wir das Spiel schnell aufgearbeitet", sagt König.
Er will zu diesem frühen Zeitpunkt noch keine Prognosen abgeben, ob Chemnitz bereit ist, ganz oben mitzuspielen. Vergangene Saison wurden die Sachsen Fünfter, aber weil die Liga so ausgeglichen sei, müsse man erst mal die nötigen Punkte für den Klassenverbleib sammeln. In den bisherigen Spielen kam König vier Mal von der Bank, wartet auf einen Treffer. Da Sturm-Kollege Frank Löning verletzt ausfällt, könnte König gegen den SVWW beginnen. Trainer Heine lobte zuletzt Königs physische Präsenz und Abschlussstärke. „Wir müssen Ronny in diese Situationen bringen, ihm Flanken und Zuspiele in den Strafraum bringen."
Heines Gegenüber Sven Demandt erwartet Chemnitz mit hohen Bällen. „Das sehe ich anders", sagt König. „Wir spielen zielstrebig nach vorne, versuchen, Fußball zu spielen, nicht Bälle nach vorne zu schlagen." Sein Rekord wurde übrigens vor ein paar Wochen eingestellt. Freiburgs Nils Petersen brauchte für seinen Hattrick gegen Nürnberg zwei Minuten weniger. Auf neue Legenden wartet man beim SVWW aber noch immer.
Voraussichtl. Aufstellungen, Chemnitzer FC: Kunz - Stenzel, Endres, Röseler, Conrad - Dem, Steinmann - Ofosu, A. Fink, Cappek - König.
SVWW: Kolke - Wein, Dams, Geyer, Mintzel - Pezzoni, Mende - Schindler, Blacha, Lorenz -- Mayer.
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