Heinz Strunk: Eigentlich, weil ich nicht genau wusste, an wen ich mich mit dem Zeug wenden soll als es fertig war. Ich habe einen Freund bei Universal gefragt und der hat gleich gesagt, eine breitere kommerzielle Verwertung könne ich wohl vergessen. Mir ist immer gar nicht so bewusst, dass ich so Spezialzeug mache. Ich denke immer, dass ist doch eigentlich ganz verständlich, was ich so fabriziere, gerade in den Texten. Aber für die Leute ist das immer so jenseits von Mainstream oder Hit. Aber ich muss es ja gut finden. Irgendjemand hat mir Audiolith vorgeschlagen und das ist dann eigentlich auch sofort etwas geworden. Da bin ich jetzt sehr glücklich, die haben mich mit offenen Armen empfangen.
Wie lange hast du an dem Album gearbeitet?Strunk: Brutto ein Jahr, Netto vier Monate.
Hast du alles selbst gemacht oder das Album mit anderen Leuten zusammen eingespielt?Strunk: Das hab ich alles selbst gemacht. Bis auf die Gesänge von Frauen hab ich alles komplett alleine gemacht. Flöte spiele ich selbst und alles andere habe ich programmiert, das ist ja elektronische Musik.
Weil du das lieber in der eigenen Hand hast oder einfach weil du nun mal Solokünstler bist?Strunk: Ich hätte auch nichts dagegen gehabt, mit einem Produzenten etwas zu machen, aber das war nicht angesagt. Ich frickel da allein in meinem Studio dran rum. Ich hab auch nur angefangen, weil ich Songs für das neue Fraktus-Album gemacht habe. Es war nicht beabsichtigt eine Platte zu machen. Das hat sich ergeben, weil der Output so hoch war, so viele Songs dabei rausgekommen sind. Ich kann für die Fraktus-Platte nur drei oder vier Stücke beisteuern, weil wir das ja zu dritt machen. Aber ich hatte auf einmal mehr 20 Songs und damit wollte ich dann raus. Produziert habe ich das alles alleine, aber ich habe jemanden, der das für mich mischt und mastert. Das könnte ich nicht.
Einiges auf der neuen Platte klingt nach Analog- oder Modularsynthesizer. Nutzt du die Geräte im Studio oder entsteht das alles am Computer?Strunk: Das hört sich alles analog an, aber ich habe kein einziges Keyboard mehr im Studio. Es gibt genug Leute, die haben im Studio die ganzen alten Moogs stehen, schließen die dann aber an den Computer an. Der Aufwand ist so immens mit so einem Riesenmischpult.
Wie schreibst du deine Songs? Daddelst du einfach auf der Tastatur rum bis es gut klingt?Strunkt: Exakt so. Manchmal hat man auch so ein Klangbild im Kopf, aber keine Akkordfolgen oder so. Ne, einfach anmachen. Das läuft ja meistens erstmal über den Beat. Da hat man schon mal so einen Grundrhythmus und dann baut sich das Baustein für Baustein auf.
Die neue Platte heißt „Sie nannten ihn Dreirad". Ist Dreirad mal ein Spitzname von dir gewesen?Strunk: Tatsächlich nicht. Aber es gibt diese alten Bud-Spencer-Filme, die heißen „Sie nannten ihn Pferd", „Sie nannten ihn Mücke" und so weiter. Ich sitz oft einfach nur da und versuche mir etwas auszudenken, Slogans oder Buchtitel, halt einfach irgendwas: Gag, Gag, Gag. So bin ich in einen frei flottierenden Assoziationsvorgang auf die Zeile „Sie nannten ihn Dreirad" gekommen. Ich hatte so sechs oder sieben derartige Zeilen. Die hab ich an Lars Lewerenz von Audiolith geschickt und hab gesagt „Nimm irgendwas, mir ist alles Recht". Lars hat sich dann für „Sie nannten ihn Dreirad" entschieden.
Da steckt also kein tieferer Sinn dahinter?Strunk: Nein, null!
Auf der neuen Platte rappst du auch,bei „Scheißhaus Alien" gibt es zumindest Sprechgesang. Beeinflusst dich Hip-Hop?Strunk: Eigentlich nicht. Das ist Zufall. Das ist teilweise rhythmisiertes Sprechen, ich will das nicht mal Rap nennen. Ich würde nicht ausschließen, das nochmal zu machen, wenn es sich anbietet. Aber der ganze Rest ist auch bewusst unrhythmisiert gehalten. Also im Grunde genommen läuft die Musik und ich spreche die Texte darüber, mal mehr, mal weniger präzise. Bei „Rien ne vas plus" ist ja zumindest die Abfolge der Silben festgesetzt, damit es diese Rhythmik bekommt. Andere Stücke sind komplett frei. Das ist auch das, was die Musik ausmacht. Wenn man fragt: „Was ist das Besondere an Heinz-Strunk-Songs?" Dass sie eben so sind. Ohne das gewollt zu haben, hat sich das einfach so entwickelt.
Du machst ja außer Musik auch noch viele andere Sachen, bist Schauspieler und Autor...Strunk: In erster Linie Autor!
..gibt es irgendetwas, das du nicht bist?Strunk: Bildhauer!
Hast du dich daran mal versucht?Strunk: Nein! Es gibt viele Sachen, die man machen kann, ohne ein Handwerk gelernt zu haben. Ich habe ja auch nicht Literaturwissenschaft studiert und habe trotzdem fünf Romane geschrieben, die alle nicht so schlecht sind. Schauspielerei habe ich auch nicht gelernt. Aber bei Regie ist das schon schwieriger, das würde ich mir allein nicht zutrauen. Das geht nur im Kollektiv mit Studio Braun, weil die Kollegen das Know-How haben. Solche Sachen wie Bildhauerei oder auch Malen, das muss man lernen.
Würdest du es mal ausprobieren wollen?Strunk: Ich bin jetzt 52. Ich bin froh, wenn ich mit dem Kram, den ich im Moment mache, und das ist echt genug, durchkomme. Also Musik, Schreiben, Schauspiel. Und ich bin ja auch viel auf Tour. Entertainer ist ja nochmal ein Beruf, das sind dann schon vier Sachen. Das mit der Musik ist ja noch relativ neu. Aber das reicht mir. Jetzt noch etwas anzufangen, dass ich noch lernen müsste, das sprengt komplett den Rahmen des Möglichen.
Das Jahr ist noch jung, was kommt 2015 noch von dir?Strunk: Erstmal kommt das Album raus, dann geh ich auf Tour. Das geht immerhin bis Mai. Dann erscheint im August oder September ein Studio-Braun-Buch. So ein richtig dickes Kunstbuch, mit Dokumenten aus mehr als 20 Jahren des Braun-Daseins. Und im Oktober kommt das nächste Fraktus-Album. Die Kolumne, die ich zurzeit noch mache „Das Strunk-Prinzip", läuft aus, da beginne ich etwas Neues. Das muss sehr sorgfältig vorbereitet werden, die Ausgaben müssen geschrieben werden, außerdem bin ich ja noch im Fernsehen bei Extra3.
Spielt ihr als Studio Braun 2015 noch wieder Theater?Strunk: Ja, zurzeit machen wir noch Fraktus. Das ist immer ausverkauft, erfreulicherweise. Wir spielen es leider viel zu selten, weil wir so wenig Zeit haben. Das nächste Stück, wenn wir noch eins machen, wird erst im Herbst 2016, eher noch 2017 laufen. Wir sind ja keine Profi-Regisseure, die im Jahr zwei, drei oder vier Inszenierung machen, wir machen das eher sehr selten. Es kann auch sein, dass wir gar nichts mehr machen.
Die Stücke, die ihr bisher gespielt habt, habt ihr alle selbst geschrieben?Strunk: Ja, bis jetzt schon. Es wurde uns allerdings geraten, mal einen Klassiker zu machen. Hamlet wäre das dann wohl. Ich fand die Idee erstmal total seltsam. Aber es ist vielleicht mal ganz gut, eine Geschichte zu haben die es schon gibt, wo man dann den Studio-Braun-Wahnsinn draus machen kann, dass man sich nicht auch noch die Geschichte selbst ausdenken muss. Es ist bestimmt ganz entlastend, etwas zu haben, das schon fertig ist und die dann zu verändern.
Wann beginnt die Tour zu „Sie nannten ihn Dreirad" und startest du hier in Hamburg?Strunk: Nein, los geht's in Flensburg. In Hamburg bin ich erst im März. Da spiel ich drei Mal in der Fabrik, vielleicht auch noch ein viertes Mal.
Heinz, danke für das Gespräch.