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Absicht oder ein technischer Fehler? Diskussion um "Love is in the Bin" von Banksy

Baden-Baden - Bei „Talking Banksy“ unterhielten sich Udo Kittelmann, Wolfgang Ulrich, Moderatorin Elke Buhr, Ulrich Blanché und Philipp Herzog von Württemberg am Donnerstag, 14. Februar 2019, im Kongresshaus über Banksys Schredder-Aktionskunst „Love is in the Bin“.


Von Marvin Lauser

Es ist jetzt schon eines der größten Kunst-Mysterien – die Frage, ob der britische Street-Art-Künstler Banksy sein „Girl with Ballon“ wirklich in Gänze schreddern wollte und dann der Reißwolf versagt hat, oder ob er die Zerstörung seines nun „Love is in the Bin“ genannten Werks bewusst bei der Hälfte stoppte. Unter anderem darüber debattierten am Donnerstagabend (14. Februar 2019) im Baden-Badener Kongresshaus die Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich und Philipp Herzog von Württemberg, der Direktor der Berliner Nationalgalerie Udo Kittelmann, der Banksy-Experte Ulrich Blanché sowie Elke Buhr, Chefredakteurin des Monopol-Magazins, die moderierte.

Henning Schaper, Direktor des Museums Frieder Burda, betonte bei der Begrüßung, dass „Talking Banksy“ ein besonderes Rahmenprogramm sei, dass aufgrund des großen Besucherzuspruchs nicht im Museum Frieder Burda stattfinden konnte. Etwa 250 Gäste hatten sich im Kongresssaal zwei eingefunden. Passend zum Valentinstag lief zur Einstimmung auf die Gesprächsrunde „Love is in the Air“ von John Paul Young.

„Wir befinden uns hier zwischen Love is in the Air und Love is in the Bin“, führte Schaper eingangs an. Zuerst wollte Moderatorin Buhr von ihrer Podiumsrunde wissen, wie diese spontan auf Banksys Schredder-Aktion reagiert hatte. Udo Kittelmann, der mit seiner charmanten Art das Publikum mehrfach zum Schmunzeln brachte, sprach von „einem glücklichen Unfall für die Geschichte der Kunstauktionen“. Philipp Herzog von Württemberg, 22 Jahre in leitenden Funktionen bei Sotheby’s tätig, bereute, dass er eine Stunde zuvor aus London abgereist war, und war entsetzt darüber, dass das bisher teuerste Werk des Künstlers dem Schredder zum Opfer gefallen war. Er wusste gleichzeitig aber auch, dass es nun noch mehr wert sein würde. Ulrich Blanché, der über Banksy promoviert hat, dachte damals: „Das wäre auch meine erste Wahl gewesen. Das wäre das Werk von Banksy, was ich geschreddert hätte, weil ich es nicht zu seinen besseren Arbeiten zähle.“ Es appelliere nur an Kitsch, Freude, Hoffnung und Liebe. „Mittlerweile bin ich wieder etwas versöhnt mit dem Motiv, damals habe ich aber gedacht – ja das ist genau das richtige.“

War die Aktion eine Attacke Banksys auf den Kunstmarkt? Für Blanché ist es „ein kunstmarktkritisches Werk“, für von Württemberg „spielt Banksy mit dem Kunstmarkt“. Ullrich sah einen Medien-Stunt, „um maximale Aufmerksamkeit zu erzeugen“: Der Kunsthistoriker führt an, dass Banksys Instagram-Followerzahl vor der Aktion bei eineinhalb Millionen gelegen habe. Nach dem Bekennervideo sind es aktuell fünfeinhalb Millionen. „Hat er es absichtlich nur zur Hälfte geschreddert?“, fragte Buhr: „Das bleibt ein Mysterium“, betonte Kittelmann. „Ich glaube, es war ein technischer Fehler“, kommentierte von Württemberg. Banksy hat auf Instagram ein Video veröffentlicht, auf dem zu sehen ist, dass er bei Proben das Stencil komplett zerstört hatte. Für Ullrich – und die Besucher, wie man sich im Museum Frieder Burda überzeugen konnte – ist das Video der Aktion so wichtig wie das Werk selbst. „Das ganze Drumherum ist das Werk“, so der Münchner Kunsthistoriker. Moderatorin Buhr stimmte ihm zu und schloss den Abend mit den Worten: „Wir sind – im Rahmen dieser Debatte – nun alle ein Teil dieses Kunstwerks“.