Jahrelang haben Politiker das E-Auto als klimatischen Heilsbringer gepriesen. Bis 2020 sollten über eine Million Elektroautos verkauft werden. Doch diese Zahl wird wohl nicht erreicht. Denn bisher sind nur knapp 50.000 E-Autos in Deutschland zugelassen.
von Marcus Creutz Themenseite: ElektromobilitätWie bitte? Sie haben noch kein Elektroauto in Ihrer betrieblichen Fahrzeugflotte? Da werden Sie von den Medien tagaus, tagein mit E-Auto-Details penetriert, und zwar so lange und gründlich, bis Sie das E-Wort nicht mehr hören können. Der Staat verspricht Ihnen sogar Tausende von Euros Prämien und Sonderabschreibungen. Und Sie spielen den vom Blitz getroffenen E-Mobilitätstotalverweigerer. Haben Sie denn gar kein ökologisches Gewissen? Passen Sie bloß auf, dass es Ihren PS-strotzenden Boliden nicht genauso ergeht wie den Zigarettenpackungen, auf denen Raucher seit Neuestem testen können, wie gut ihr Verdrängungssystem angesichts Ekel erregender Bilder von durch Parodontose durchlöchertem Zahnfleisch und teerschwarzen Lungenflügeln funktioniert.
"E-Autos sind nur mit sauberem Strom gut fürs Klima." Daniel Ernesto Moser, Mobility - und Transportexperte, Greenpeace, in dem Blog-Beitrag „5 gute Gründe gegen die Elektroauto-Prämie". - © © Patrick P. Palej - Fotolia.comDenn eines schönen Tages kommen Sie morgens in Ihren Betrieb und reiben sich verdutzt die Augen: Auf der Fahrerseite Ihres Firmenwagens hat der Staat zugeschlagen. Hier prangt jetzt das Konterfei des vieldeutig grinsenden Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt, der Ihnen als Umweltsünder die rote Karte entgegenstreckt. Die gesetzliche Zwangskennzeichnung hat der CSU-Politiker im Rahmen eines Kuhhandels in der GroKo durchgeboxt. Dafür, dass ab sofort sein Gesicht auf allen Autos mit Verbrennungsmotoren eingebrannt wird, steht der nicht weniger eitle Kollege Sigmar Gabriel von der SPD auf umweltschädlichen Plastikverpackungen klimafeindlicher Fleisch-, Wurst- und Milchwaren Pate.
Doch zurück in die Realität: Beim E-Auto gibt die Bundesregierung derzeit den übereifrigen Steigbügelhalter für die heimische Automobilindustrie. Mit Steuergeschenken will sie dazu beitragen, dass bis 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen unterwegs sind. Denn bereits ab 2022 dürfen deutsche und europäische Autohersteller prinzipiell keine Autos mehr produzieren, die mehr als 4,2 Liter Benzin oder 3,6 Liter Diesel verbrauchen.
Exzesse vor dem ZapfenstreichDoch Audi beispielsweise scheint diese Tatsache genauso zu verdrängen wie der Raucher das Lungenkrebsrisiko. In aktuellen Fernsehspots wirbt der Autobauer aus Ingolstadt munter mit dem neuen Audi R8 Sportwagen und blendet die Spitzengeschwindigkeit von 330 km/h prominent auf dem Bildschirm ein.
Der italienische Dauerpatient Alfa Romeo feiert gar mit einem kraftstrotzenden weiblichen Automodell Wiederauferstehung. Die neue Giulia soll den Italienern zu altem 60er-Jahre-Glanz verhelfen und sorgt mit einem V6-Benziner mit Bi-Turbo-Aufladung für Schlagzeilen, der aus 2,9 Liter Hubraum sagenhafte 510 PS herausholt. Irgendwie scheinen die Italiener aber doch Gewissensbisse wegen ihrer Bella Macchina bekommen zu haben. Sie nennen das Spitzenmodell Giulia Quadrifoglio. Deshalb haben sie an den Seiten des Sportboliden ein grünes Kleeblatt angebracht, das so gar nicht zu dem ansonsten rasanten Auftritt passt. Aber die Italiener wollen sich natürlich nicht nachsagen lassen, beim Umweltschutz keine Bella Figura abzugeben.
Dreckiger StromDoch wer umgekehrt glaubt, mit dem Kauf eines E-Autos etwas für den Umweltschutz zu tun, der irrt gewaltig. Denn nach wie vor kommen zwei Drittel des eingespeisten Stroms nicht aus regenerativen Energiequellen, sondern aus Braunkohlekraftwerken und Atomstromanlagen unserer Nachbarländer. Zum Vergleich: Norwegen deckt 96 Prozent seines Strombedarfs aus Wasserkraftwerken. Gerade hat die Bundesregierung die weitere Förderung erneuerbarer Energien gestoppt. Grund dafür ist unter anderem, dass das marode Stromnetz nicht genügend Kapazitäten hat, um den überschüssigen grünen Strom von Nord- nach Süddeutschland weiterzuleiten.
Das E-Auto ist ein LadenhüterDie so wichtigen Überlandleitungen, die jetzt doch mehrheitlich unter der Erde verlaufen sollen, werden frühestens 2025 fertig. Laut Bundesbedarfsplan sind für die Energiewende rund 6.100 Kilometer Stromleitungen erforderlich. Gut die Hälfte davon muss neu gebaut werden. Und bei den so wichtigen Nord-Süd-Korridoren sind laut Netzagentur erst 65 Kilometer gebaut worden. Damit ist klar: Bis die Infrastruktur erst einmal steht, damit Deutschland zu über 50 Prozent erneuerbare Energien verbrauchen kann, wird noch mindestens ein Jahrzehnt vergehen. Bis dahin gilt: Mit schmutzigem Strom macht selbst das beste E-Auto keinen Sinn. Das Märchen vom klimaschonenden E-Auto nehmen die Bürger der Politik deshalb zu Recht nicht ab, wie die mageren Verkaufszahlen zeigen. Obwohl die Hersteller hierzulande mittlerweile rund 30 E-Modelle anbieten, wurden bislang nicht einmal 50.000 Kfz verkauft. Auch die Manager in den Entwicklungs-abteilungen glauben nicht daran, dass der E-Motor irgendwann einmal den Verbrennungsmotor vollständig ersetzt. Denn die Reichweite der Batterien wird im Endstadium bei zirka 300 Kilometern ausgereizt sein. Zwar wird sich die wohlhabende Klientel von Mercedes, BMW und Porsche das E-Auto selbst als Zweit- oder Drittauto locker leisten können. Für den Durchschnittsverdiener rechnet sich das E-Auto aber nicht. Deshalb werden wir auch noch in 20 Jahren mit Verbrennungsmotoren fahren. Insgesamt wird die Vielfalt bei Motoren und Energiespeichern zunehmen. Welche Technik sich am Ende durchsetzt, ist völlig offen.
Derzeit Keine KaufempfehlungHandwerkern muss aus rein wirtschaftlichen Gründen davon abgeraten werden, jetzt bereits ein E-Auto zu erwerben. Denn die höheren Anschaffungs- und Begleitkosten fressen die scheinbaren Steuervorteile schnell auf, zumal die Erfahrung zeigt, dass derartige Innovationen eine erhöhte Störanfälligkeit mit sich bringen. Das können sich Handwerker schon im Interesse ihrer eigenen Kunden nicht erlauben. Sie haben weder Steuerzahler im Rücken, die sie melken können, noch subventioniert sie der Staat, wenn ihr Geschäftsmodell wegbricht.