Marcus Creutz

Wirtschaftsjournalist & Rechtsanwalt, München

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Rechtsberatung: Angst vor der Haftungsfalle

GarmischFür den4,7 Milliarden Euro teuren Einstieg beim Energieversorger EnBW hat sich die baden-württembergische Regierung einen Trick ausgedacht: Um den Landtag umgehen zu können, stützte sie sich Ende 2010 aufdas Notbewilligungsrecht des Finanzministers. Doch die Freude währte nicht lang - der Staatsgerichtshof stufte den Anteilskauf im vergangenen Herbst als verfassungswidrig ein. Begründung: Das Vorgehen wäre nur bei zeitlicher Eile rechtens gewesen - die gab es nicht.

Seitdem steht nicht nur die inzwischen abgetretene Landesregierung in der Kritik, sondern auch ihr Rechtsberater: Gleiss Lutz hatte in einem Gutachten den Deal als rechtmäßig beurteilt. Für die Sozietät könnte das ein teures Nachspiel haben. Die neue Landesregierung hat mit Cornelius Bartenbach Haesemann & Partner eine Kanzlei gefunden, die Schadensersatzansprüche gegen Gleiss Lutz gutachterlich prüfen soll. Das Gleiche gilt für die Investmentbank Morgan Stanley, die vonHengeler Mueller vertreten wird, sowie den Ex-Ministerpräsidenten Stefan Mappus.

Zum Schweigen verpflichtet

Während Deutschlands Richter wegen eines fehlenden Staatshaftungsgesetzes ihre Fehler so gut wie nie verantworten müssen, kann es Anwälte vergleichsweise schnell treffen. Der Bundesgerichtshof verpflichtet sie sogar dazu, Richter zu belehren, wenn diese die Rechtslage falsch einschätzen (Az.: IX ZR 4/10). Versäumt der Anwalt das und ergeht darauf ein Fehlurteil, haftet er statt des Gerichts gegenüber seinem Mandanten auf Schadensersatz.

Dazu kommt: Gegen das Gerücht einer Falschberatung kann sich eine Kanzlei kaum öffentlich zur Wehr setzen. Entweder verletzt sie dann das Mandantengeheimnis oder sie verliert den Versicherungsschutz, weil die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen Anwälte im Schadensfall zum Schweigen verpflichten.

Gerade im Wirtschaftsrecht sind die Zusammenhänge oft komplex. Damit steigt das Risiko einer fehlerhaften Beratung. Wichtig seien daher „der Einsatz exzellenter Juristen und ein in der Kanzlei ernst genommenes umfassendes Qualitätsmanagement", sagt Bernhard Trappehl, Managing Partner Deutschland von Baker & McKenzie. „Dennoch lassen sich Fehler nie zu 100 Prozent ausschließen. Darum verpflichtet der Gesetzgeber Anwälte zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung."

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