Marcel Richters

Onlineredakteur, Frankfurt am Main

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Artikel

„Finger weg von unseren Strukturen" - Linke Demo in der Innenstadt

Unter dem Motto „Finger weg von unseren Strukturen" hatten verschiedene linke Gruppen am Samstagnachmittag zu einer Demonstration durch die Innenstadt aufgerufen. Schon länger schwelen die Konflikte um linke Zentren in Frankfurt. Ob das Klapperfeld in der Innenstadt, die Au in Rödelheim oder jetzt das Exzess in Bockenheim: Mehrere Parteien hatten immer wieder Kritik geäußert. Besonders die FDP tat sich dabei hervor. Während die Au seit mehr als dreißig Jahren besetzt ist und keinerlei Miete gezahlt wird, ist das eine Räumlichkeit der Stadt, welche diese zu günstigen Konditionen vermietet. Der Verfassungsschutz bezeichnet das Exzess als linken Szenetreff (Merkurist berichtete).


Als am Montag bei Bauarbeiten auf einem benachbarten Grundstück eine Außenwand des Exzess beschädigt wurde, flammte der Konflikt erneut auf. Auf dem Grundstück neben dem linken Zentrum soll gebaut, die derzeitige Bebauung ersetzt werden. Zwar war nicht geplant, die Außenwand des Exzess einzureißen und auch die Stadt sieht in dem Vorgang kein „presserelevantes Ereignis", aber der Vorfall macht deutlich, wie hoch der Grad der Nervosität in der linken Szene derzeit ist.


Demonstranten aus verschiedenen linken Strömungen

So ist wohl zu erklären, dass zu der Demonstration, die am Samstag von Bockenheim aus durch das Bahnhofsviertel zur Konstablerwache zog, trotz Kälte und langer Route mehrere hundert Menschen gekommen waren. Die Veranstalter sprachen von bis zu 1000, die Polizei von maximal 600 Teilnehmern. Dabei ging es nicht nur um linke Zentren in Frankfurt und Umgebung. Auch das Verbot der linken Onlineplattform Linksunten.Indymedia, das Vorgehen von Gerichten und Polizei während und nach dem G20-Gipfel in Hamburg und die Repression gegen Journalisten in der Türkei waren Thema der Redebeiträge. Ähnlich breit gefächert wie die Themen war auch die Zusammensetzung der Demonstration. Gruppen aus allen Teilen des linken und linksradikalen Spektrums hatten zur Zusammenkunft auf Frankfurts Straßen aufgerufen, unabhängig davon, dass sie teilweise gegensätzlichen Strömungen zuzurechnen sind.

„Wir wollen einen Appell an die Gesellschaft richten." - Tom Schneider, Sprecher der Organisatoren


Den Veranstaltern ging es nicht nur um die eigenen Strukturen, auch gesamtgesellschaftliche Entwicklungen geben ihnen Anlass zur Sorge, erläutert Tom Schneider, Sprecher der Organisatoren: „Die Lebensbedingungen verschärfen sich und die Wut der Menschen wird zunehmend auf marginalisierte Gruppen gelenkt. Wir wollen mit der Kundgebung ein Appell an die Gesellschaft richten, dass es sich lohnt, sich zu widersetzen."


Unter „marginalisierten Gruppen" fassen die Organisatoren Obdachlose, Geflüchtete, Drogenkonsumenten und prekär Beschäftigte zusammen. Nach Ansicht der Veranstalter leiden sie besonders unter der „permanenten Unsicherheit und Existenzangst im Kapitalismus". Außerdem kritisieren sie andere Parteien dafür, sich zu sehr am populistischen Gedankengut der AfD zu orientieren.


Polizei meldet keine besonderen Vorkommnisse

Nachdem besonders im Rahmen des G20-Gipfels die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten im Mittelpunkt der Berichterstattung standen, sollte es an diesem Samstag um Inhalte gehen, wie Schreiber betont. Trotzdem war die Polizei mit starken Kräften vor Ort. Mehrere Hundertschaften und zwei Wasserwerfer sollten Ausschreitungen verhindern. Tatsächlich blieb es während der Veranstaltung ruhig. Polizeisprecher André Sturmeit hat von keinerlei besonderen Vorkommnissen oder Auseinandersetzungen zu berichten.

Die Organisatoren möchten die „Dynamik gerne nutzen". Sie rechnen damit, dass es zukünftig wieder öfter zu linken Demonstrationen in Frankfurt kommen wird.

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