Marc R. Hofmann

Redakteur & Reporter, Berlin

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Youngtimer: Eine lohnende Investition?

Youngtimer mit Frischluftfeeling: Die erste Baureihe des Mercedes SLK (1996-2004) gilt trotz oder gerade wegen ihres Klappdachs als unproblematisch.

Hannover. Egal ob Traumauto der Jugend, erster eigener Wagen oder Modell aus der Lieblingsserie: Als Youngtimer werden viele Autos erschwinglich, die lange als unerreichbar galten. Gemein ist ihnen, dass sie mit den Jahren an Charakter gewinnen und das Gefühl einer vergangenen Zeit in das Hier und Jetzt transportieren. Aber ab wann wird ein schnöder Gebrauchtwagen zum begehrten Youngtimer?

„Dafür gibt es keine klare Definition", sagt der Hamburger Oldtimerexperte Wolfgang Blaube. Im Allgemeinen bezeichne man damit Fahrzeuge, die mindestens 20 und höchstens 29 Jahre alt seien. Manchmal reichten auch schon 15 Jahre. „Denn erst 30 Jahre nach der Erstzulassung winkt mit dem H-Kennzeichen der offizielle Oldtimerstatus."

Mit dem Kaufpreis ist es nicht getan

Ein jüngeres Fahrzeug zu kaufen, bietet in vielen Fällen also die Chance, relativ günstig einen kommenden Klassiker zu erstehen. Damit ist es jedoch nicht getan. „Die Wartungs- und Reparaturkosten bis zum Oldtimerstatus können schnell den Zeitwert übersteigen", sagt Blaube. Was zählt, sei also nicht nur der Kaufpreis, sondern die Bereitschaft, noch mehr Geld in den Wagen zu stecken und möglichst selbst Hand anzulegen.

Auf der Habenseite stehe jedoch, dass viele Kraftfahrzeuge aus der Zeit bereits deutlich längere Wartungsintervalle haben. „Während ein Mini aus den 1970er-Jahren noch alle 3000 Kilometer einen Ölwechsel verlangt hat, sind Autos ab den 1990er-Jahren schon ziemlich wartungsarm." Ihnen reichte meistens neuer Schmierstoff alle 15.000 Kilometer oder einmal im Jahr. Tendenziell sei zudem ein Benziner zu empfehlen, der mit geregeltem Katalysator meist eine grüne Plakette bekomme und damit auch ohne das begehrte Kennzeichen in Umweltzonen fahren dürfe.

Komplexe Technik kann Kosten in die Höhe treiben

Tücken können jedoch in der teilweise schon recht komplizierten Technik lauern. Während Pixelfehler in alternden Displays in die Kategorie Schönheitsfehler fallen, können korrodierte Kabelbäume bei technisch hochgerüsteten Wagen wie der Mercedes S-Klasse (W140) die Kosten schnell in die Höhe treiben, so der Experte. „Auch Rost war in der Zeit wieder ein Thema, weil sich Lacke auf Wasserbasis anfangs als anfällig erwiesen haben."

Um vor solchen Überraschungen einigermaßen gefeit zu sein, hilft nur die überlegte Auswahl. „Das Wichtigste ist ein solider Vorbesitzer", sagt Wolfgang Blaube. Vertragshändler der Marke böten ältere Fahrzeuge aus Haftungsgründen oft nicht mehr an und selbst auf Klassiker spezialisierte Verkäufer träten deswegen oft nur als Vermittler auf. Von getunten, also nachträglich tiefer gelegten oder leistungsgesteigerten Fahrzeugen, rät Blaube jedoch ab. „Die wurden meistens nicht gut behandelt", sagt er.

„Irgendjemand hat einen immer angefixt"

Wichtig: „Zum Kauf sollte man einen befreundeten Schrauber mitnehmen", sagt Blaube. Denn: „Kaum jemand schafft sich einen Youngtimer aus heiteren Himmel an an. Irgendjemand hat einen immer angefixt." Diese Person könnte einem dann auch Empfehlungen für eine Werkstatt geben. Es gebe genug freie Betriebe, die sich um solche Autos kümmerten. So oder so sollten sich Interessenten informieren, ob und zu welchen Preisen noch Ersatzteile verfügbar seien. „Neben den Herstellern sind auch ein Fanclub der Marke oder des Modells gute Ansprechpartner", so Blaube.

Ein solides Modell könne dann jedoch durchaus noch im Alltag bewegt werden. „Ich fahre mit meinem BMW 530i Touring (E34) noch 25.000 Kilometer im Jahr", sagt der gelernte Karosseriebauer. Voraussetzung - gerade wenn der Wagen nicht regelmäßig bewegt werde - sei jedoch eine Garage oder zumindest ein Carport, um das Auto vor Wettereinflüssen zu schützen. Ein Youngtimer muss also kein Supersportwagen sein, um Spaß zu machen. „Auch ein Einser-BMW der ersten Generation mit Heckantrieb und Reihensechszylinder wird jetzt nicht mehr billiger", ist Wolfgang Blaube überzeugt.

Von 1988 bis 1996 gebaut: Die ersten Baujahre des 5er BMW der Baureihe E34 können inzwischen schon das begehrte H-Kennzeichen erhalten. © Quelle: BMW

Solide Modelle gibt es ab 2000 Euro

Doch es geht noch unscheinbarer. Antizyklisch kaufen ist das Stichwort. „Ein Audi A3 der ersten Generation mit 100 PS fährt gut und ist hochwertig verarbeitet. Den gibt es schon für 2000 Euro", sagt der Experte. Ähnliches gelte für die bei ihrer Vorstellung umstrittene Mercedes A-Klasse. Wer mehr Geld ausgeben könne und Wert auf ein etwas prestigeträchtigeres Auto lege, werde beim Mercedes SLK (R170), dem ersten Blechdachroadster der Marke, fündig. Für gute Exemplare mit dem Einstiegsvierzylinder werden rund 7500 Euro fällig.

Gut gepflegt müsste eine Wertsteigerung bei solchen Modellen doch selbstverständlich sein, oder? „Das ist spekulativ", so Wolfgang Blaube. Ob unterm Strich, also nach Abzug aller Wartungs-, Reparatur und etwaiger Garagenkosten, Geld mit dem Verkauf zu verdienen ist, sei unsicher. Die Wahrscheinlichkeit erhöhe sich jedoch, je mehr Alleinstellungsmerkmale ein Auto habe.

So viele Youngtimer gibt es auf deutschen Straßen

Ein Auto mit Charakter fahren, das gefällt immer mehr Deutschen. Nach Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) in Flensburg waren am Stichtag zum 1. Januar dieses Jahres 9.037.535 Personenkraftwagen zugelassen, die mindestens 15 und höchstens 29 Jahre alt sind. Das sind 4,8 Prozent mehr als ein Jahr davor. Vor fünf Jahren waren es nur gut 7,3 Millionen Autos.

Wie viele davon mit dem Ziel gefahren werden, mit 30 Jahren offiziell als Oldtimer anerkannt zu werden, ist nicht bekannt. Mit heute 18,1 Prozent aller im Land zugelassen Pkw haben die Youngtimer jedoch einen signifikanten Anteil am Bestand. Die größte Gruppe stellen mit gut 12,5 Millionen jedoch die Autos in einem Alter von fünf bis neun Jahren.

Das Durchschnittsalter aller auf deutschen Straßen zugelassenen Pkw beträgt derzeit 9,8 Jahre und liegt damit ein halbes Jahr höher als 2016. Das könnte für die zunehmende Haltbarkeit der Autos sprechen. Richtige Oldtimer die 30 Jahre und älter sind, fahren hingegen nur gut 983.000 in der Republik. Ihr Anteil ist dafür allein im Vergleich zum vergangenen Jahr um 14,7 Prozent gestiegen. Ein klarer Trend zum „Altauto"!

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