Ob an diesem Wochenende tatsächlich Geschichte geschrieben und die Trendwende für die Union eingeleitet wurde, kann wohl erst in einigen Wochen beurteilt werden. Fest steht: CDU und CSU haben sich darum bemüht, am Samstag beim CSU-Parteitag in Nürnberg Geschlossenheit zu demonstrieren.
Kaum einen der CSU-Delegierten hält es auf den Stühlen, als der Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Parteivorsitzende Armin Laschet mit seinem Tross in die Halle kommt und schließlich Seite an Seite mit CSU-Chef Markus Söder die Bühne betritt.
In seiner Rede lässt sich Laschet Zeit, kocht die Stimmung im Saal langsam weiter hoch und macht erstmal ein paar thematische Schwenks. Poliert etwas christdemokratisches Tafelsilber mit Forderungen nach Wirtschaftswachstum und schimpft darüber, dass die Berliner Landesregierung die Entstehung rechtsfreier Räume zugelassen habe. Trotz der riesigen Messehalle scheint der CDU-Chef präsent - seine Rede wird immer wieder von längeren Applaus-Wellen unterbrochen.
Stimmung scheint gelöster als am Vortag"Ich glaube, er wurde von der positiven Stimmung ein bisschen überrascht," meint Philipp Ochs vom CSU-Kreisverband Forchheim. Maximilian Stopfer vom CSU-Kreisverband Erlangen-Höchstadt glaubt dagegen, Laschet habe am Anfang "noch ein bisschen gebraucht, um warm zu werden". Doch als er dann gemerkt habe, dass seine Themen eine entsprechende Antwort im Raum ausgelöst hätten, sei das schon eine "Erleichterung gewissermaßen" gewesen, so Stopfer weiter.
Tatsächlich ist von der bleiernen Anspannung des Vortags am Samstag kaum noch etwas zu spüren. Freitags komme man ja auch "von der Berufstätigkeit", meint Birgit Bögner aus Unterfranken. Und am Samstag seien die Menschen dann immer von Haus aus etwas lockerer, glaubt sie. Auch Bögner hat einen "sehr entschlossenen Laschet" erlebt, wie sie erklärt. Besonders gut haben ihr in der Rede des CDU-Chefs die historischen Verweise auf frühere Zeiten gefallen, wie die Kommunalpolitikerin erklärt.
Historische Verweise als Roter FadenDenn der Unions-Kanzlerkandidat spart zwar mit Ausblicken in die Zukunft - nicht aber mit geschichtlichen Verweisen. Laschet erinnert an die Gründungsväter der christdemokratischen Parteien, die sich teils den Nationalsozialisten entgegengestellt hatten und flicht die Erinnerung an CSU-Urgesteine wie Theo Waigel und Franz Josef Strauß als roten Faden in seine Rede - was ihm viele Sympathien der Delegierten eingebracht haben dürfte.
Die Wahlnacht live auf BR24.de: Alle Hochrechnungen sofort aufs Handy. Wie hat Bayern abgestimmt? Egal wo Sie sich befinden, wir bringen Sie auf den neuesten Stand - auch im Stream. Diskutieren Sie mit - im Web, in der App, auf Facebook, YouTube und Twitter. Laschet warnt vor wirtschaftlichen Folgen einer rot-rot-grünen KoalitionAusdrücklich warnte Laschet jedoch erneut vor einer möglichen Koalition aus SPD, Grünen und Linken und den Folgen einer rot-rot-grünen Wirtschaftspolitik, die mit "Steuererhöhungen und mehr Bürokratie" einherginge, was den Wohlstand des Landes gefährden werde. Wenn Deutschland jetzt in eine wirtschaftliche Krise hineinrutsche, so Laschet, werde das einen Schaden haben, der so schnell nicht wieder gutzumachen sei.
So habe etwa die Sozialdemokratie "in allen Entscheidungen der Nachkriegsgeschichte immer auf der falschen Seite" gestanden". Zum Beispiel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, Stoiber und Waigel hätten es erlebt.
SPD empört über Laschets ÄußerungenIn der SPD stießen die Äußerungen Laschets auf Verärgerung. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil kritisierte via Twitter, den Beitrag der Sozialdemokratie zum Aufbau des Landes und der Demokratie zu leugnen sei "nicht nur geschichtsvergessen, sondern unanständig und würdelos".
Auch die SPD-Europaabgeordnete Katarina Barley zeigte sich empört: "Weil man nichts eigenes hat, mit dem man werben kann, anderen ihre historischen Verdienste absprechen - wie tief kann man sinken", schrieb sie auf Twitter. "Ich hoffe so sehr, dass so jemand in Deutschland niemals Kanzler werden kann."