Madeleine Londene

Freie Journalistin, Augsburg & Berlin

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Artikel

Samenspende: Drei Kinder* erzählen

Manche Paare erfüllen sich mit einer Samenspende ihren Kinderwunsch. Doch für Kinder, die sich auf die Suche nach ihrem Vater machen, ist das oft schmerzhaft.

Samenspende ist in Deutschland seit 1986 eine legale Form der künstlichen Befruchtung. Schätzungen zufolge wurden bisher mehr als 100.000 Menschen so gezeugt. Die wenigsten wissen allerdings, dass sie sogenannte Spenderkinder sind. Seit Juli 2018 haben Kinder das Recht, den Namen und die Anschrift ihres bio- logischen Vaters zu erfahren.


Wann habt ihr erfahren, dass euer Vater nicht euer richtiger Vater ist?


Jess*: Ich habe mit 28 erfahren, dass ich aus einer Samen- spende entstanden bin.


Jan: Ich habe es auch spät erfahren, mit 24.


Sandra: Bei mir war es am 2. Mai 2021, nach der Be- erdigung meines Vaters. Eine Vermutung hatte ich schon länger, aber an diesem Tag konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und habe meine Mutter gefragt: »Mein Papa ist nicht mein Papa, oder?« Nach ihrer Antwort bin ich zusammengebrochen. Ich bekam keine Luft mehr, mein Körper hat gezittert – ein Teil von mir ist da weggebrochen. Fünf, sechs Stunden war ich in einem ganz komischen Zustand. Es waren immer drei Gedanken: Wer bin ich? Woher komme ich? Ich werde es nie erfahren.


Wie kam es bei euch dazu, Jan und Jess?


Jess:
Bei mir war das Zufall. Ich hatte mich fünf Jahre vorher auf der Plattform Myheritage registriert. Dort kann man für 50 Euro seine DNA analysieren lassen und heraus- finden, wo man Vorfahren hat. Weil ich Ahnenforschung schon lange spannend fand, habe ich mir ein Testkit be- stellt. Im August 2020 bekam ich dann über die Plattform Nachrichten von drei Menschen. Sie schrieben, wir hätten eine ähnliche DNA, wir seien Halbgeschwister. Ich habe das alles erst nicht geglaubt, dann aber doch in einem privaten Labor meine DNA nochmal mit ihrer abgleichen lassen. Unsere Gene stimmten zu 99 Prozent überein. Das hat mich fertig gemacht: Ich bin oft weinend aufgewacht und weinend ins Bett, kam gar nicht mehr klar. Nach vier Monaten, das war kurz vor Weihnachten, habe ich meine Eltern dann konfrontiert.


Jan: Meine Eltern hatten damals gerade eine Paarberatung gemacht, in der es auch um Familiengeheimnisse ging. Die Beraterin hatte ihnen nahegelegt, meinem Bruder, der auch ein Spenderkind ist, und mir die Wahrheit zu sagen. [...]