In Vorarlberg wurde Bürgermeister Ludwig Muxel nach 27 Jahren abgewählt. Die Bewohner protestierten damit gegen Pläne für ein gigantisches Einkaufszentrum.
(erschienen am 3.10.2020)
Es ist gerade etwas kompliziert, wenn man im Gemeindeamt von Lech zum Bürgermeister will. "Zum Muxel? Oder zum Jochum?", fragt eine Mitarbeiterin. Stefan Jochum, der designierte Bürgermeister, lädt zu Terminen in sein altes Büro, für ein paar Tage arbeitet er noch als Standesbeamter.
Dabei wirkt Jochum bereits genau so, wie man sich den Bürgermeister einer wohlhabenden Skisportgemeinde wie Lech am Arlberg vorstellt, gebräuntes Gesicht, graumelierte Schläfen, eine Mischung aus Hoteldirektor und Bergdoktor.
Doch Jochum gibt sich betont bescheiden. "Ich bin ja noch nicht Bürgermeister", sagt er zur Begrüßung. Am vergangenen Sonntag hat er die Stichwahl gegen Langzeitbürgermeister Ludwig Muxel mit 53,6 Prozent gewonnen. Die Kür ist eine Formalität.
Für Lecher Verhältnisse gab es aber viel Streit. Altbürgermeister Muxels "Liste Lech" verschickte Briefe, um gegen die Bürgerliste "Unser Dorf" mit dem Herausforderer Jochum Stimmung zu machen. Nicht dramatisch, doch in Lech gilt "Wahlkampf" als Schimpfwort.
Nun müssen sich vier Fraktionen im Gemeinderat des 1600-Einwohner-Orts zusammenraufen, denn es gibt noch die zwei kleinen Listen "Zusammen uf Weg" und "Zukunft wagen". Jochum gibt deshalb derzeit ungern Interviews, zunächst bittet er sogar, nicht fotografiert zu werden, er wolle niemanden provozieren. Schließlich stapft er doch auf eine Wiese, im Hintergrund die Kirche, und ringt sich ein Lächeln ab.
Lech ist eine kleine Gemeinde, die im Winter gewaltig groß wirken kann. In einer Skisaison, die nicht von einem globalen Virus getrübt wird, verzeichnet man 850.000 Nächtigungen, an einem Wintertag drängen sich im Schnitt 15.000 Menschen im Ort. Auch die niederländische Königsfamilie kommt gerne.
Ludwig Muxel (65) führte die Gemeinde Lech 27 Jahre lang, sein Name und der Titel Bürgermeister schienen im Ort wie natürlich verschmolzen. Doch vor ein paar Monaten entglitten Muxel die Dinge.
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