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Fitness: Die Geschichte des Schwitzens

In einem modernen Fitnessstudio stehen manche Geräte, denen man auf den ersten Blick nicht ansieht, wie sie zu benutzen sind oder welchen Muskel sie trainieren sollen. Und selbst das Wissen, in welche Richtung man sich nun auf das Gerät setzt und an welchem Ende man zieht oder drückt, schützt einen oftmals nicht davor, ein wenig albern auszusehen. Wer sich dann umguckt und sieht, wie Menschen endlose Treppen hinaufsteppen, kommt nicht umhin zu fragen: Was soll das eigentlich? Und wie ist die Menschheit hier gelandet?

Der Autor Bill Hayes geht diesen Fragen in seinem Buch Sweat. A History of Exercise (2022) nach. Hayes erzählt kurz, wie Sportarten wie Boxen, Fechten, Schwimmen oder Laufen entstanden sind, vor allem aber geht es um exercise im Allgemeinen und wie sich die menschliche Beziehung zu Bewegung im Laufe der Jahrhunderte entwickelte. Das Buch ist noch nicht auf Deutsch erschienen, was auch daran liegen könnte, dass exercise nur zu sperrig ("körperliche Betätigung") oder zu unspezifisch ("Sport" oder "Bewegung") übersetzt werden kann.

Eines der ersten Bücher über körperliche Betätigung ( De arte gymnastica) wurde 1573 veröffentlicht. Der Autor, Girolamo Mercuriale, Mediziner und Hausarzt von Kaiser Maximilian II., definierte exercise damals als "energische Bewegung", die einen schwerer atmen lässt, mit dem Ziel, gesünder und fitter zu werden. Eine durchaus moderne Auffassung, die heute noch gültig ist, genau wie die Unterteilung des Work-outs, die Mercuriale vornahm: Aufwärmen, Training und Cool-down (Händewaschen und Haare kämmen gehörten ebenfalls zu den von Mercuriale vorgeschlagenen Trainingsvorbereitungen).

Dass Bewegung wichtig für die Gesundheit ist, war bereits den großen Denkern der bekannt. "Essen allein wird einen Mann nicht gesund halten; er muss sich auch körperlich betätigen", schrieb Hippokrates, etwa 400 vor Christus Platon, der als junger Mann ein sehr guter Ringer gewesen sein soll, warnte vor Überlastung und empfahl "Mäßigung". Sein Lehrer Sokrates riet zur Balance zwischen Training des Körpers und des Geistes. Zu viel körperliche Betätigung führe zu "exzessiver Unzivilisiertheit", während rein intellektuelle Aktivität einen Mann "unanständig sanft" mache.

Im antiken Verständnis schlossen sich körperliche und geistige Betätigung nicht aus, sie ergänzten sich. Jede hellenistische Stadt besaß mit dem sogenannten Gymnasion einen Ort, an dem Kunst und Sport zusammentrafen. Auf sandigen Flächen wurde gerungen oder gelaufen, Speer- und Diskuswerfen trainiert. Laut dem Althistoriker Peter Scholz waren Gymnasia aber auch "Orte urbaner Muße". Kinder lernten dort lesen, schreiben und rechnen, während sich die intellektuelle Elite zum Diskutieren traf.

Durch das Christentum veränderte sich im Mittelalter die Beziehung der Menschen zum Sport. "Der Körper, der von den Griechen idealisiert und verherrlicht worden war, wurde nun eher als ein Instrument zur Sünde betrachtet", schreibt Hayes. "Es war der Heilige Geist, die Seele, die nun gepriesen werden sollte, nicht der Körper." Kirchen ersetzten Gymnasia als soziale Zentren und kulturelle Mittelpunkte der Städte.

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