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Mutter, Mutter, Kind: Als lesbisches Paar zum gemeinsamen Baby

Als gleichgeschlechtliches Paar ein Kind bekommen? In Österreich gar nicht so einfach. Sabrina und Corina über den komplizierten, aber lohnenden Weg bis zur doppelten Mutterschaft mithilfe der ROPA-Methode.


Im Kindergarten spielten die meisten von uns noch "Mutter, Vater, Kind" – heute sieht die Realität von Familienkonstellationen schon deutlich vielfältiger aus: Alleinerzieher*innen, Patchwork-Familien oder eben auch mal zwei Mütter oder zwei Väter.

Der Weg bis zur Elternschaft ist für gleichgeschlechtliche Paare allerdings immer noch ein meist langer und komplizierter. Wenngleich sich Österreich gerne als fortschrittliches, tolerantes Land präsentiert, zeigt ein Blick auf die Entwicklung der Rechtslage in den vergangenen Jahrzehnten, dass die Anpassung an die modernen Erfordernisse nur langsam und zögerlich voranschreitet. Dass gleichgeschlechtliche Paare hierzulande heiraten dürfen, wurde erst 2019, also vor zwei Jahren durch den Verfassungsgerichtshof entschieden. Die (Fremdkind-)Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare ist erst seit 2016 erlaubt.


Der Wunsch nach dem gemeinsamen Kind

Für Sabrina und Corina O. war bereits bald nach Beginn ihrer Beziehung klar, dass sie gerne ein gemeinsames Kind möchten. Durch Internetrecherche sind die beiden, die 2020 geheiratet haben, auf eine Methode gestoßen, mit der sich zwei Frauen die Schwangerschaft "teilen". "Uns war immer wichtig, dass wir beide etwas beitragen, dass das Kind nicht nur von einer von uns ist", erklärt Sabrina. Wie funktioniert’s? Bei dieser speziellen Methode der künstlichen Befruchtung haben beide Mütter einen aktiven Part. Die eine Partnerin spendet der anderen ihre Eizellen, diese trägt anschließend das Kind aus.


Die Methode ist eine Variante der In-Vitro-Fertilisationsbehandlung und wird ROPA genannt, die Abkürzung für das englische "Reception of Oocytes from Partner". Auf Deutsch heißt das "Erhalt der Eizellen der Partnerin".


"Auf diese Weise haben auch zwei Frauen die Möglichkeit, ein gemeinsames Kind zu bekommen", erklärt Priv. Doz. DDr. Michael Feichtinger vom Wunschbaby Insitut. "Die eine hat die Schwangerschaft, die andere gibt ihre Gene weiter, es ist ihr biologisches Kind".

 

Wie sieht die Rechtslage aus?

Die ROPA-Methode ist bis dato hauptsächlich in Spanien bekannt. Hierzulande eine Klinik zu finden, die den Wunsch der beiden Frauen umsetzen wollte, war alles andere als einfach. Das hat vor allem mit der undurchsichtigen Gesetzeslage zu tun. "In Österreich ist die Eizellenspende dritter Personen klar geregelt, das heißt, wenn eine Frau eine Eizellenspende einer Person außerhalb der Partnerschaft benötigt, dann gibt es da strenge Vorgaben", so Feichtinger. So dürfe die Spenderin etwa nicht älter als 30 Jahre alt sein, auch müsse die Eizellenspende völlig unentgeltlich ablaufen. Was die Eizellenspende innerhalb der Partnerschaft angeht, wenn also keine dritte Person im Spiel ist, gibt die Rechtsordnung allerdings keine klaren Regelungen her.


"Wir haben mit diversen Kliniken telefoniert und ihnen unsere Situation erklärt; dass es in unserem Fall keine dritte Person als Spenderin gibt – worauf die meisten uns gesagt haben: Nein, das ist vom Gesetz nicht definiert und daher nicht möglich' ", so Sabrina. Nach etlichen Absagen überlegten die beiden sogar, aufs Ausland auszuweichen: "Wir haben uns schon ausgerechnet: Wie oft muss man nach Spanien fahren? Wie ist das rechtlich? Wie wird das anerkannt? Das wäre schon ein sehr großer Aufwand gewesen".

 

ROPA-Methode auch in Österreich möglich

So weit musste es schließlich doch nicht kommen. Das Wunschbaby Institut und Dr. Feichtinger teilten den beiden Frauen mit, dass die Umsetzung ihrer Vorstellungen bei ihnen durchaus möglich sei. "Wir haben es nicht glauben können. Uns ist wirklich ein Stein vom Herzen gefallen", erinnert sich Corina.


Wieso war die ROPA-Methode nun doch durchführbar? "Vor einigen Monaten hat das Gesundheitsministerium ein Statement veröffentlicht, wonach es sich bei einer Eizellenspende innerhalb der Partnerschaft, also wo kein Dritter involviert ist, nicht um eine Eizellenspende im klassischen Sinn handelt. Das heißt, sie unterliegt nicht den strengen Regeln einer 'klassischen' Eizellenspende und ist auch hierzulande umsetzbar", so Feichtinger. Das habe sich bis dato allerdings noch nicht herumgesprochen, selbst IVF-Institute wüssten diesbezüglich oft nicht genau Bescheid. "Ich finde es sehr schön, dass wir auch diesen Paaren ermöglichen können, gemeinsam Kinder zu bekommen", so der Gynäkologe.



Welche Voraussetzungen gibt es?

Für die Umsetzung der innerpartnerschaftlichen Eizellenspende müssen beide Personen verheiratet bzw. verpartnert sein. In einem Notariatsakt werden alle Details der Elternschaft vorab festgehalten, damit es später nicht zu Missverständnissen oder Rechtsstreitigkeiten kommen kann. "Darin steht, dass ich die Spenderin bin und Sabrina die 'Bauchmutter', die das Kind auf die Welt bringt. Offiziell gelten wir dann beide als leibliche Mütter", erklärt Corina. Eine Adoption durch den zweiten Elternteil ist somit nicht mehr notwendig. Für das Paar sei von Anfang an klar gewesen, dass Sabrina das Kind austragen wird. "Ich habe schon eine Tochter und wollte immer noch ein zweites Kind", so Sabrina.

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Medizinisch ist das Ganze relativ einfach und läuft ab wie eine 'normale' künstliche Befruchtung", erklärt Feichtinger. "Die eine Frau bekommt Medikamente, die dazu führen, dass die Eierstöcke angeregt werden, mehrere Eizellen zu produzieren. Gleichzeitig versuchen wir, den Zyklus der Empfängerin mit Medikamenten so zu synchronisieren, dass die beiden quasi gleich laufen, sodass am Tag der Eizellenentnahme der einen Partnerin auch bei der anderen Partnerin der Eisprung ist". Die Risiken seien laut Feichtinger "um nichts größer oder geringer als bei einer 'herkömmlichen' künstlichen Befruchtung".

 

Die Spenderauswahl

Zur Umsetzung der ROPA-Methode ist ein Samenspender nötig. Wer keinen privaten Spender heranziehen möchte, kann einen über eine Samenbank erhalten. Für Sabrina und Corina war vor allem wichtig, dass er optische Merkmale der "Bauchmama", also von Sabrina mitbringt, da Corina als genetische Mutter ohnehin ihre Gene an das Kind weitergibt. Die Spenderauswahl verläuft komplett anonym.


Die Paare erhalten "Steckbriefe" anhand derer sie sich für ihren Wunschkandidaten entscheiden. Enthalten sind darin Merkmale wie Haar- und Augenfarbe, ethnischer Background, Blutgruppe sowie gewisse Informationen über Ausbildung/Berufsstand und Hobbys der potenziellen Spender. Auch erhalten die Paare Auskunft darüber, wie viele Kinder die Kandidaten bereits durch Samenspenden gezeugt haben (das dürfen insgesamt nämlich nur max. drei sein). Name oder Adresse wird nicht weitergegeben. Allerdings hat das Kind, welches letztlich aus der Samenspende entsteht, ab dem 14. Lebensjahr das Recht, die Kontaktdaten des Spenders zu erfahren.

 

Was kostet das Ganze?

Wer über IVF nachdenkt, sollte sich der nicht unerheblichen Kosten bewusst sein. In gewissen Fällen greift die Krankenkasse unterstützend ein, etwa wenn Endometriose vorliegt oder die Eileiter verschlossen sind (und die Frau unter 40 Jahre alt ist) – dann belaufen sich die Kosten auf etwa 1.000 bis 1.500 Euro pro Behandlung. Gibt es kein Geld aus dem IVF Fonds der Kasse so sei laut Feichtinger mit mind. 6.000 Euro zu rechnen.

"Finanzielle Unterstützung gab es in unserem Fall nicht, da keine gesundheitlichen Faktoren eine Rolle spielen", sagt Sabrina. Inklusive Medikamenten und Untersuchungen beliefen sich die Ausgaben im Fall von Sabrina und Corina auf knapp 10.000 Euro. Je nachdem wie viele "Versuche" es braucht, fallen zusätzliche Kosten an. Sabrina und Corina hatten Glück: Bei ihnen war bereits der zweite Versuch erfolgreich (bei älteren Paaren bzw. bei gesundheitlicher Indikation dauert es oft länger) - die beiden erwarten ihr gemeinsames Baby im Oktober.

 

"Ohne dich wäre es nicht gegangen, ohne mich wäre es nicht gegangen"

Bis zur tatsächlichen Schwangerschaft war es eine lange, teilweise frustrierende Reise, fassen die beiden ihre Erfahrung zusammen. "Gerade die ersten Wochen waren wirklich enttäuschend. Von jeder Klinik zu hören, 'Nein, geht nicht'. Wir haben sehr viel recherchiert, Gesetzestexte durchgelesen, viel geschwitzt, die Nerven oft verloren, weil es einfach nicht funktioniert hat. Es gab nicht mehr viele Kliniken, die wir kontaktieren hätten können", erzählt Sabrina.


Zahlreiche Kliniken würden auf ihren Websites zwar deklarieren, dass LGBTIQ+-Paare herzlich willkommen seien, von der entsprechenden Methode hätten sie im Endeffekt aber noch nie gehört oder wären nicht bereit gewesen, sich damit auseinanderzusetzen, berichtet Corina.


Bei der Suche nach Informationen bzw. einer geeigneten Klinik brauche es viel Durchhaltevermögen, denn: "Auch heute stößt man als homosexuelles Paar in der Bevölkerung nicht immer auf Akzeptanz", so Sabrina. "Es kommen halt schnell Vorurteile. 'Das könnte schlecht sein fürs Kind', etc.". Corina: "Uns war es wurscht, wie andere reagieren, wir haben mit jedem geredet, überall nachgefragt".


Und das habe sich gelohnt. Andernfalls wären die beiden nicht dort, wo sie heute sind. "Als wir dann die Nachricht bekommen haben, dass es doch klappt – da sind wir so glücklich im Auto gesessen wie noch nie", sagt Sabrina. "Es ist einfach ein schönes Gefühl, zu wissen, dass es unser gemeinsames Kind ist. Obwohl wir zwei Frauen sind, dass beide etwas dazu beitragen". Corina stimmt zu: "Ohne dich wäre es nicht gegangen, ohne mich wäre es nicht gegangen. Wir würden es jederzeit wieder machen".

 

 

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