1 Abo und 2 Abonnenten
Artikel

Bernhard Günther: Fürs Leben gezeichnet

H₂SO₄ verätzt die menschliche Haut innerhalb von Sekunden. Bei Kontakt gerinnen die Eiweiße in den Zellen, wie bei einem Hühnerei in der Pfanne. Die Zellen ziehen sich zusammen, sie können nicht mehr atmen und sterben schließlich ab. Erst wenn das Gewebe völlig verklumpt ist, frisst sich H₂SO₄ nicht mehr tiefer. Dann hört die Zerstörung auf. Die Narben bleiben für immer.

H₂SO₄ ist Schwefelsäure, eine farblose, ölige Flüssigkeit. Nach allem, was man weiß, war es wahrscheinlich diese Substanz, die den deutschen Topmanager Bernhard Günther, 55, für sein Leben entstellt und ihn fast sein Augenlicht gekostet hat. Zwei Männer schütteten sie ihm am 4. März 2018 ins Gesicht. Wenn Bernhard Günther bald vor dem Landgericht in seinem eigenen Fall als Nebenkläger auftritt, wird er womöglich wie oft seit der Tat eine getönte Brille tragen, die seine Augen schützt. Auch in seine Wangen hat die Säure tiefe Narben gegraben.

Die Geschichte des Anschlags ist verworren, viele Akteure spielen darin eine Rolle: die Hells Angels, Privatdetektive, ein ehemaliger BND-Präsident, radikale Klima-Aktivisten und rechtsextreme serbische Tierschützer. Schlagzeilen machte die Tat zudem aufgrund eines Verdachts, den Bernhard Günther äußerte: Der Drahtzieher, so mutmaßte er gegenüber der Staatsanwaltschaft und später auch gegenüber dem Handelsblatt, sei ein anderer bekannter deutscher Strom-Manager gewesen, der seinen Job gewollt habe.


Weiter: https://www.zeit.de/2022/17/bernhard-guenther-saeureanschlag-ermittlungen-taeter


Zum Original