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"Man kann die Augen nicht mehr schließen"

© Plan Deutschland

Von Luciana Ferrando

Ja, ich sollte mehr schlafen", sagt die Klimaaktivistin und Sozialarbeiterin Marinel Sumook Ubaldo in einer Videoschalte. Bei ihr zu Hause in Tacloban, Philippinen, ist es ­gerade sechs Uhr morgens, und sie arbeitet bereits. "Um mich besser um die Welt zu kümmern, muss ich mich auch um mich kümmern", sagt sie und lacht. Doch einfach ausschlafen, ausgehen oder Spaß haben, ist für die 24-Jährige keine ­Option, solange noch für Klimagerechtigkeit gekämpft werden muss. "Wir können es uns nicht leisten, nur an uns selbst zu denken, wir müssen Verantwortung für die Umwelt übernehmen", sagt sie und wird ernst. "Wenn man einmal gesehen hat, was alles auf der Welt schiefläuft, kann man nicht weiter die ­Augen davor verschließen. Man muss etwas unternehmen".

Ihr Dorf wurde zerstört

Das begriff Ubaldo in aller Deutlichkeit im November 2013. Sie war damals 16 Jahre alt, als ein Taifun die Philippinen verwüstete. Sie war damals 16 ­Jahre alt. Der Wirbelsturm "Yolanda" führte zu mehr als 6.000 Todesopfern, darunter waren auch Familienangehörige und Freund_innen von Ubaldo. Ihr Dorf Matarinao wurde zerstört. "Damals habe ich den Sinn meines Lebens entdeckt und beschlossen, für den Klimaschutz zu kämpfen."

Sie erzählt ihre persönliche Geschichte allerdings nicht, um als Opfer angesehen zu werden, sondern will "damit beweisen, dass es bei den Auswirkungen des Klimawandels und der Klimapolitik nicht um Statistiken, sondern um Menschen geht". Als 18-Jährige sagte sie auf der UN-Klimakonferenz in Paris: "Ich brauche nicht euer Mitleid, ich möchte, dass ihr etwas tut." Außerdem ermutigt Ubaldo die junge Generation, sich mehr zu engagieren.

Auf den Philippinen, einem Land mit mehr als 100 Millionen Einwohnern, sind die Folgen der globalen Erwärmung stark spürbar. Im Westpazifik kommt es immer öfter zu heftigen Wirbelstürmen, rund 20 erreichen die Region mittlerweile im Jahr. "Es ist so ermüdend, immer wieder bei Null anzufangen", erklärt Ubaldo. "Wir tun das nicht freiwillig, wir haben keine ­andere Wahl." Als Tochter eines Fischers erlebte sie früh, dass insbesondere arme Menschen den Folgen der Klimakrise aus­geliefert sind.

Über Bildung zum Klimaschutz

Deshalb fing sie bereits im Alter von zwölf Jahren an, sich mit Themen wie Katastrophenvorsorge und Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Sie schloss sich der Organisation Plan International an und klärte Schulkinder und Jugendliche darüber auf, wie man Verantwortung für die Natur übernehmen kann. Einen wesentlichen Beitrag dazu leistet Bildung. "Wie kannst du dich für deine Rechte stark machen, wenn du sie nicht kennst?", fragt sie. Rechte seien aber nicht überall zugänglich, vor allem nicht für Frauen und Mädchen. "Das muss sich ändern." Die Klimakrise betreffe nicht nur ärmere Länder, meint Ubaldo:

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