Brigitte Lauble steckt den Kopf durch die Tür und fragt zögerlich "Einfach heiraten?", als sei es ein Codewort. Sie tritt ein, auf zwei Krücken gestützt. Ende sechzig, graue Hochsteckfrisur, Gleitsichtbrille, schwarze Funktionsjacke. Ihr Mann erscheint gleich hinter ihr: "Lauble, wir haben gerade angerufen." Das klingt dringlich, wie im Vorzimmer einer Praxis, wenn man zwischen die Termine geschoben werden muss. "Als ich in der Früh im Radio gehört hab, dass man in Neuburg heute spontan heiraten kann, dachte ich: Wunderbar, wir haben sowieso einen Termin in der Nähe!", sagt Brigitte Lauble. Sie lächelt verlegen, ihre Stimme verrät, wie aufgeregt sie ist.
Spontanhochzeit, da denkt man an amerikanische Komödien, in denen sich beschwipste Paare in den Wedding Chapels von Las Vegas von einem Elvis-Presley-Doppelgänger trauen lassen. Aber am 23. 3. 23 ging das auch in der ältesten evangelischen Kirche der Welt, der Schlosskapelle in Neuburg an der Donau. Und nicht nur dort. Für diesen Tag hatte die Evangelische Landeskirche Bayern (ELKB) zur Aktion "Einfach heiraten" eingeladen: In 13 Kirchengemeinden quer durch Bayern standen 50 Pfarrerinnen und Pfarrer einen Tag lang für Trauungen bereit. Pro Paar ein Zeitfenster von 30 Minuten. Musik, Blumenschmuck und Sektempfang waren inklusive - kirchliche Trauung to go.
Wer entscheidet sich für so eine Hochzeit und wie läuft eine getimte Trauung ab? Wir waren einen Nachmittag in Neuburg an der Donau dabei...
Nur ein paar Schritte von der Schlosskapelle entfernt liegt das Café am Theater. Blassrosa Wände, weiße Stühle mit rosa Samtbezügen. Im Schaufenster hängen Porzellantassen an durchsichtigen Nylonfäden von der Decke, als würden sie ins Café schweben. Auf den Tischen stehen die Zuckerdosen auf Spitzendeckchen. Wenn ein Puppenhaus eine Kaffeestube hätte, sie würde so aussehen.
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