Lorraine Haist

Journalistin, Autorin, Texterin, Berlin

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Was bitte ist veganes Gemüse?

Die Brandenburger Genossenschaft "PlantAge" baut Gemüse ohne Dünger aus Massentierhaltung an. Wie das funktioniert, warum sie gegen Schädlinge auf die heimische Tierwelt setzen und weshalb das ein Modell für die Landwirtschaft der Zukunft sein könnte.

Die Brandenburger Genossenschaft "PlantAge" baut Gemüse ohne Dünger aus Massentierhaltung an. Wie das funktioniert, warum sie gegen Schädlinge auf die heimische Tierwelt setzen und weshalb das ein Modell für die Landwirtschaft der Zukunft sein könnte


Gestresste Bauern sehen anders aus. Judith Ruland, 24 Jahre alt, trägt Zöpfe und eine große runde Sonnenbrille, Berlin-Neuköllner Studentenlook. Allerdings leicht erdverschmutzt, denn sie ist an diesem Morgen schon ein paar Stunden an ihrem Arbeitsplatz: ein Acker der Gemüsegenossenschaft „PlantAge“ in Frankfurt/Oder östlich von Berlin. 


Es ist ein glühend heißer Sommertag, von denen es neuerdings viele gibt in Brandenburg, rundherum zischelt es – Wassersprenger auf Hochtouren. Es riecht frisch und würzig nach dem Wald, der die Felder umgibt, und nach feuchter Erde. Judith zeigt auf ein schmales Beet, eine wilde Mischung aus allerhand Grünzeug, viel zu dicht bepflanzt. Es ist ein sogenanntes biointensives Beet: Die Pflanzen sollen so nah beieinander wachsen, dass dazwischen kein Platz für Unkraut bleibt. Schwere Maschinen kann man hier vergessen. Judith lacht.


„Ich habe das einfach mal angefangen, ohne mir vorher ein Buch darüber durchzulesen“, sagt sie, „wir handhaben die Dinge hier mit einer gewissen Naivität. Aber was mitunter chaotisch wirkt, ermöglicht auch neue Blickwinkel.“ Gemeinsam mit ihrem Freund Frederik Henn hat sie PlantAge im vergangenen Jahr gegründet, einen der ganz wenigen Gemüsebaubetriebe in Deutschland, die nicht nur biologisch, sondern auch vegan arbeiten und dazu als solidarische Landwirtschaft (Solawi) gemeinschaftlich organisiert sind – eine Nische in der Nische. 


Aber mit Zukunftspotenzial, denn bei PlantAge nähert man sich den Herausforderungen eines landwirtschaftlichen Betriebs mit der positiven Fehlerkultur, dem Enthusiasmus und den großen Plänen eines Start-ups: Judith und Frederik wollen nichts weniger, als mit bio-veganem Gemüseanbau, der auf den Einsatz von Düngemitteln aus Massentierhaltung verzichtet und mit der Natur, statt gegen sie arbeitet, die Welt verändern. 

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