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Blut, Tränen und Freude

Früher war er bloß ein Ärgernis, heute weiß unsere Autorin: Der weibliche Zyklus ist beeindruckend. Ein Tagebuch von Blutung bis Blutung.


Ich wusste, sie würde kommen. In den vergangenen Tagen hat sie sich überdeutlich angekündigt: Auf meiner Haut malten Pickel ein impressionistisches Bild. Ich fühlte mich aufgebläht und unzufrieden. Mein Freund seufzte ein paar Mal genervt, weil ich ihn mit zweifelnden Fragen zu unserer Beziehung löcherte. Ich hätte also ahnen müssen, dass bald der erste Tag meiner Periode anbrechen würde. Und dennoch bin ich, so wie jeden Monat aufs Neue, überrascht von der Blutung. Das liegt daran, dass ich mich nie groß mit meinem Zyklus beschäftigt hatte – höchstens, wenn meine Tage sich verspäteten, um dann endlich mit einer Welle der Erleichterung meine Unterwäsche zu ruinieren.

Damit bin ich nicht alleine. Nichtwissen über die Menstruation scheint beinahe so verbreitet wie Nichtwissen über Quantenmechanik. Und mit ihm etliche Mythen und Vorurteile: Menstruierende Menschen würden Bären anlocken oder Haie (und nein, auch im Fall der Haie gibt es dazu keine aussagekräftigen Daten). Menstruationsblut sei giftig, darum würden Blumen schneller verwelken, wenn menstruierende Personen in der Nähe wären. Der römische Gelehrte Plinius der Ältere schrieb sogar, Bäume, auf denen menstruierende Frauen saßen, würden ihre Früchte verlieren, der Glanz von Spiegeln werde durch ihren Blick matt und Hunde, die Menstruationsblut lecken, würden wütend und ihre Bisse giftig. Ein Vorurteil hält sich besonders hartnäckig: Kurz vor der Menstruation seien Betroffene übel gelaunt, genervt, gereizt oder ständig am Heulen. Verantwortlich dafür sind angeblich: die Hormone.

Kein Wunder also, dass am Anfang dieses Textes die Frage stand: Transformiere ich mich im Laufe meines Zyklus wirklich in ein unzufriedenes, emotional unausgeglichenes Wesen – und machen mich die Hormone dazu?

Ich setze mir ein Ziel: In den kommenden vier Wochen will ich meinen nächsten Zyklus beobachten, mir anschauen, wie meine Leistung und meine Stimmungen sich ändern. Ich will aufschreiben, was mir auffällt, mit Expertinnen sprechen und verstehen.

Tag 1: Schon bevor ich am Morgen einen Fuß auf den Boden setze, weiß ich, es ist so weit. Meine Beine schmerzen, als würden sie zusammengepresst. Mein Unterleib krampft. Mir ist schlecht. Tag 1 ist angebrochen und ich würde mich am liebsten verkriechen. Dabei hatte ich mir etwas Schönes vorgenommen: Ich wollte durch die Stadt spazieren und meinen letzten Urlaubstag in Norwegen genießen. Ich zwinge mich zum Spazier-Teil. Der Genuss bleibt aus. Ich hasse Reisen, wenn ich meine Tage habe.


Hier kannst du den ganzen Text lesen: 

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