Die hethitische Sprache ist ausgestorben, das Sorbische gilt als bedroht. Dennoch verbringen manche Menschen viel Zeit damit, diese Sprachen zu lernen. Auf den Spuren einer ungewöhnlichen Leidenschaft.
Bis vor wenigen Jahren war Oliver Böhm die Sprache völlig fremd: die Wörter, die Klänge, der Rhythmus. Auch die Menschen, die sie sprechen. Doch an diesem Tag nickt der 35-Jährige mit den kinnlangen braunen Haaren im Takt der gesungenen Sätze. Der Fuß schlägt leicht auf die Pedale seines Schlagzeugs, während sein Bandkollege Matej Dźisławk mehrere Tasten auf dem Klavier auf einmal spielt und Jurij Hantuš mit einem Bogen über die Seiten seiner Geige streicht. Die Musik erklingt im Raum, hallt von den Wänden wider, die mit einem Holzkreuz und einer Zeichnung der drei Musiker verziert sind. "Swoboda", singen die beiden Männer neben Böhm plötzlich - "Freiheit" auf Sorbisch.
Seit Böhm in der Band Skupina Astronawt spielt, lernt er immer mehr von dieser kaum gesprochenen Sprache, deren Wörter an Polnisch oder Tschechisch erinnern. Sorbisch ist eine von vier national anerkannten Minderheitssprachen, die in Deutschland besonders geschützt sind. Der Bund Lausitzer Sorben schätzt, dass es nur ein paar zehntausend Sprecherinnen und Sprecher gibt, die sich über komplexe Themen auf Sorbisch unterhalten können; hauptsächlich leben sie in Sachsen und Brandenburg. Wie mindestens die Hälfte aller lebenden Sprachen gilt das Sorbische als vom Aussterben bedroht. Forschende schätzen, dass alle drei Monate eine Sprache auf der Welt verschwindet. Warum wollen Menschen Sprachen lernen, die nur von wenigen gesprochen werden oder gar ausgestorben sind?
Bei der Frage, warum Menschen überhaupt eine bestimmte Sprache lernen, berufen sich Forschende vor allem auf eines: das " L2 Motivational Self System", entwickelt vom 2022 verstorbenen Linguisten Zoltán Dörnyei von der University of Nottingham. ...