Frau Kockerols, im Februar 2019 haben Sie unter dem Namen „Bold Foods“ ein Start-up für Fleischalternativen gegründet. Nun steht auf Ihren Produkten „Chewow“. Wie kam es zu dieser Namensänderung?
Marlo Kockerols: Das war eine turbulente Geschichte. Zwei Monate nach der Gründung waren wir mit unseren Insektenprodukten in ganz Deutschland vertreten. Mitte Juni 2019 haben wir einen Brief von einem ehemaligen Start-up erhalten, mit der Information, dass sie sich „Bold“ (Anmerkung der Redaktion: zu Deutsch „mutig“) haben vorher schützen lassen. Das ist uns bei unserer Markenrecherche nicht aufgefallen, weil uns nicht klar war, dass man sich feststehende Begriffe schützen lassen kann. Wir haben es als Chance genommen, unsere Produktpalette zu erweitern und unser Unternehmen zu schärfen.
Gestartet sind Sie mit Hamburger-Bratlingen aus Insektenproteinen. Nun verkaufen Sie auch Nuggets und Gyrosstreifen aus Ackerbohnen und Kürbiskernen. Mögen Kunden die Burger aus Buffalowürmern etwa nicht?
Wir haben gemerkt, dass der Markt trotz unseres schnellen Erfolgs noch nicht ganz so weit ist. Insektenprodukte werden noch nicht in die tägliche Ernährung integriert. Das liegt daran, dass Insekten bei uns in der westlichen Welt noch ziemlich fremd sind. Da uns beide als Gründer und Privatpersonen die vegane Ernährung sehr interessiert, war es ein logisch konsequenter Schritt, uns in diese Richtung zu entwickeln. Wir hatten einen super Start mit den Insekten, aber unser Herz schlägt eben auch für vegane Lebensmittel.
Es gibt einige Marken, die Fleischalternativen anbieten, wie Rügenwalder Mühle oder Beyond Meat. Wie hart ist der Kampf auf dem Markt der Ersatzprodukte?
Alles, was wächst, zieht Interesse auf sich. Dementsprechend ist der Markt ein umkämpfter. Er ist allerdings noch so klein, dass es noch sehr viel Platz gibt für weitere Spieler. Der Ersatzmarkt macht etwa 0,7 Prozent des weltweiten Fleischmarktes aus. Wenn wir davon ausgehen, dass pflanzliche Alternativprodukte Fleischwaren ersetzen sollen, sind wir noch ganz am Anfang. Es gibt kein anderes Unternehmen in Deutschland, das das Ganze jung, hip und sexy macht – eine Nische, die wir mit Chewow besetzt haben. Wir sind die neue Generation an Fleischalternativen. Die Großen trauen sich nicht, Risiken einzugehen. Die meisten Rohstoffe, die verwendet werden, sind Soja oder Erbse. Dabei gibt es so viele andere Rohstoffe, die man essen kann und die vielleicht sogar besser zu dem Produkt passen, das sie versuchen, neu zu interpretieren.
Verdienen Sie bereits Geld mit Chewow?
Mit Bold Foods haben wir tatsächlich Geld verdient. Mit Chewow tun wir das zwar auch, sind aber noch im Anfangsstadium. Gerade mit der Corona-Krise konnten wir die Vertriebswege nicht so schnell aufbauen, wie wir es uns vorgestellt haben. Wir verdienen unser Geld langsamer als geplant. Das soll sich im nächsten halben Jahr aber ändern.
Im Tiefkühlregal von Rewe und Edeka gibt es bisher vier Produkte von Chewow. Wie blicken Sie in die Zukunft?
Wir werden uns noch ein bisschen mehr fokussieren. Wir sind gerade in der Phase, in der wir das Produktportfolio festzurren werden. Wir sind ein Start-up, wir probieren gerne Sachen aus. Anfang nächsten Jahres wird es zwei weitere komplett vegane Produkte geben. Da freuen wir uns sehr drauf.