Es sah so aus, als würde sich endlich etwas ändern, als Filmproduzent Harvey Weinstein 2020 zu 23 Jahren Haft verurteilt wurde. Ein Erfolg der #MeToo-Bewegung, die sich 2017 an diesem Fall entzündet hatte. Es schien, als habe #MeToo damit ein neues Level erreicht: raus aus der subjektiven Bekenntnisecke, rein in die Gerichte. So hätte es weitergehen können, auch in Deutschland, wo zwei von drei Frauen schon mal sexuelle Belästigung erlebt haben.
Aber so ist es nicht gekommen. Nur fünf bis zehn Prozent aller Fälle von sexualisierter Gewalt werden bei uns angezeigt, und noch viel seltener gibt es einen Urteilsspruch. 2020 zum Beispiel wurden 9752 Fälle von Vergewaltigung und sexueller Nötigung polizeilich erfasst. Von den im selben Jahr wegen sexueller Nötigung verurteilten 1519 Menschen bekamen 1323 eine Geldstrafe und lediglich 89 Personen erhielten eine Freiheitsstrafe.
Deutschland, das wird daran deutlich, hat ein Sexismus-Problem – aber die Gerichte tragen nur gering zu Lösung bei. #MeToo hat zwar definitiv ein offeneres Gespräch über sexualisierte Gewalt ermöglicht. Doch die strafrechtlichen Konsequenzen bleiben meist mau.