Meinen letzten K.-o.-Sieg habe ich 22 Sekunden vor Ablauf der zweiten Runde errungen. Ich traf meine Gegnerin mit dem Knie am Kinn. Sie flog auf die Matte und landete auf dem Rücken. Ich kniete mich auf ihre Brust. Noch zerrte sie an mir, aber mein Sieg war zum Greifen nahe. Mein Kopf war frei, ich kenne im Ring kein schlechtes Gewissen. Da hat jeder seinen Job. Ich verteile die Schläge, und der Schiedsrichter hat die Verantwortung, mich im richtigen Moment zu stoppen. Ich schlug meiner Gegnerin also mit der rechten Faust mitten ins Gesicht. Einmal, zweimal, dreimal. Sie zuckte noch immer, also nahm ich die Linke dazu und prügelte mit beiden Händen auf sie ein. Schließlich wehrte sie sich nicht mehr, und der Schiedsrichter ging dazwischen.
Für mich gibt es keine größere Bestätigung, als einen Kampf so zu beenden. Aber ich spüre dabei keinen Hass oder Zorn. Ich bin Mixed-Martial-Arts-Kämpferin. Im MMA sind fast alle Schläge des Kampfsports erlaubt. Ein Kampf besteht aus drei Runden, jeweils fünf Minuten lang. Meistens endet das Ganze schon vorher im Knock-out. Ich bin selbst schon oft k. o. gegangen. Man fühlt nicht viel. Es zieht einem die Knie weg, und man wacht am Boden wieder auf. Aber hinter einem K.-o.-Schlag steckt monatelange Vorbereitung. Mehr als drei Kämpfe pro Jahr sind deshalb nicht drin.
Sobald ich meine Gegnerin kenne, stelle ich mich auf sie ein. Bei dem erwähnten Kampf gab es keine Favoritin. Wir waren uns zu ähnlich: 1,60 Meter groß, 52 Kilo schwer. Aber ich wusste, dass sie eine Standkämpferin ist, und hatte geübt, wie ich sie zu Boden bringe. Ich habe mehrere Trainer; für meine Kondition, für meine Kraft, für meine Schläge. Meine Muskeln baue ich mit Klimmzügen und Bankdrücken auf. In den letzten Wochen vor dem Kampf laufe ich viel, um Gewicht zu verlieren. Auch mental bereite ich mich vor: Ich schreibe mir Briefe, in denen ich meine Stärken aufzähle, und lese sie mir immer wieder vor. Tiervergleiche helfen auch. Wenn ich in den Ring laufe, stelle ich mir vor, ich sei der Leitwolf eines Rudels. So schießt mein Adrenalin ein. Im Bodenkampf schnappe ich wie ein Krokodil.
Ich mache MMA, weil ich mich messen will. Dank der K.-o.-Siege weiß ich, dass ich besser bin als die anderen Kämpferinnen. Das macht mich zufrieden. Trotzdem habe ich zu all meinen ehemaligen Gegnerinnen ein gutes Verhältnis. Deutschlandweit gibt es nur rund 40 MMA-Profikämpferinnen, viel weniger als bei den Männern. Wir müssen zusammenhalten.