Dunkelroter Glibber, ein paar seltsame Körnchen darin und eine viel zu dünne Soße mit Vanillegeschmack - so präsentierte sich in meinem ersten Semester an der Uni Erfurt „Rote Grütze" in der Kühltheke der Mensa. Die meisten der Tellerdesserts dort sahen nicht besonders überzeugend aus, aber dieses Zeug, das mich an den Klebeschleim für Kinder erinnerte, setzte allem die Krone auf. Ich ging schnell weiter. Besonders viele Gedanken machte ich mir darüber aber nicht. Mensen sind schließlich für ihre eigenwilligen Essenskreationen bekannt.
Einige Monate später lernte ich, dass diese „Rote Grütze" ein Politikum und ein echter DDR-Klassiker ist. Statt aus eingekochten Beeren besteht sie aus Fruchtsaft und Stärke, Beeren waren damals schwer zu bekommen. Die Grütze existiert auch in knallgrün, Geschmacksrichtung Waldmeister und heißt dann - wenig überraschend - „Grüne Grütze". Eine gute Freundin, die anders als ich im Osten aufgewachsen ist, sagte mir, dass sie jedes Mal ihre Kindheit schmecke, wenn sie diese Grütze esse. Die fehlenden Beeren störten sie nicht. Ich hielt das für nostalgische Ost-Verklärung, gab mir aber einen Ruck und probierte das Zeug. Es schmeckt nicht schlecht, ungefähr wie Wackelpudding, ein Erweckungserlebnis war es aber auch nicht gerade.
Grundsätzlich ist es aber nicht angebracht, zu viele Witze übers Essen in ostdeutschen Mensen zu machen. Während in fast allen Statistiken, die ich für diese Kolumne schon gelesen und zitiert habe, der Osten schlechter abschneidet, sieht die Sache bei den Hochschulmensen ganz anders aus. Unter den zehn besten Mensen sind nach einem Ranking von dem Portal MeineUni.de vier Mensen aus Ostdeutschland und das, obwohl es dort deutlich weniger Hochschulen gibt. Mensaessen in Ostdeutschland ist also überdurchschnittlich gut. Grund genug, sich einmal im Detail anzuschauen, was dort serviert wird.
Currywurst, Schnitzel, Pasta-ThekeDie erste Frage dabei: Gibt es in den Mensen in Ostdeutschland denn auch typisch ostdeutsches Essen? Auf den ersten Blick nicht wirklich. In meinen ersten Unijahren sah ich am häufigsten Currywurst, Schnitzel, die allseits beliebte Pasta-Theke, eine Salatbar und ungefähr anderthalb mehr oder weniger sinnvolle fleischlose Gerichte (nein, Sojaklopse halte ich nicht für einen guten Ersatz für Hackbällchen).
Dass es das vegetarische Hauptgericht an der Uni Erfurt zu der Zeit aber für unschlagbare 1,75 Euro gab, machte dann auch so einige wirklich fragwürdige kulinarische Kombinationen wett. Irgendwann kam dann, wie das auch schon mein Kollege Leon Igel neulich beschrieben hat, der Wunsch nach Gesundem in der Mensa an. Ein täglicher Wok-Teller mit Duftreis (frage mich bis heute, was das sein soll) landete im Angebot. Der schlug dann aber mit mehr als drei Euro zu Buche und wurde darum von mir und meinen Freunden und Freundinnen weitestgehend ignoriert. So weit, so durchschnittlich.
Auf den zweiten Blick findet man sie dann doch, die Ostklassiker. An meiner ersten Uni gab es immer auch eine Suppe oder einen Eintopf zur Auswahl - besonders häufig war Soljanka. Die Suppe kommt aus der russischen oder ukrainischen Küche und besteht aus Tomaten, Kraut und viel Wurst. Und damit zur zweiten Frage: Schmecken die Ostgerichte denn? Für mich persönlich ist Soljanka meistens zu deftig, aber an einen kalten Wintertag gibt es schlechtere Gerichte.