Es gebe schon eine gewisse Arroganz, so von Start-up-Gründern gegenüber Mittelständlern und umgekehrt, sagt Annemarie Heyl. Sie sitzt auf einem Barhocker im Untergeschoss der Bliss Bar in Köln, das Online-Magazin Gründerszene hat zu dem Event "Start-up Meets Mittelstand" eingeladen. Es ist ein Donnerstag Anfang März, die Corona-Krise kommt langsam auch in Deutschland an. Die etwa hundert Gäste stehen dicht an dicht in der Bar, begrüßen sich aber vorsichtshalber nur mit dem Ellbogen.
Heyl ist Gründerin des Hamburger Kale&Me, das Säfte produziert. Sie hat schon mit verschiedenen Mittelständlern zusammengearbeitet, mit einem Familienunternehmer etwa, und mit lokalen Obsterzeugern. An diesem Abend soll Heyl von ihren Erfahrungen erzählen, von den Unterschieden, den Gemeinsamkeiten, von ihrer Perspektive auf beide Welten.
Auf den ersten Blick sind sie sich fremd
Man könne schnell in einen Ratschlag-Modus kommen, sagt Heyl. Weil man denke, man könne es besser als der andere. Als Gründerin sei sie aber oft überrascht gewesen, wie viel Expertise Mittelständler mitbrächten. Auch umgekehrt habe sich die Skepsis der anderen Seite oft schnell gelegt. Gründer und Mittelständler: Was sich auf den ersten Blick fremd ist, kann sich auf den zweiten sehr nahekommen.
Im Publikum steht Alexander Alberts und grinst. Er führt einen mittelständischen Betrieb in fünfter Generation. Was Heyl über die Arroganz und die Skepsis erzählt, kennt er nur allzu gut. Nach der Veranstaltung sagt er: "Diese Punkte habe ich schon oft mit Annemarie durchgesprochen."
Annemarie Heyl und Alexander Alberts erleben die Unterschiede zwischen Start-up und Mittelstand jeden Tag. Sie, 33 Jahre alt, hat vor fünf Jahren ihr Saft-Start-up gegründet: 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, siebenstelliger Jahresumsatz, Sitz in Hamburg. Er, 34 Jahre alt, ist seit Dezember 2019 Geschäftsführer des Familienbetriebs GAH-Alberts, 168 Jahre alt, 500 Beschäftigte, neunstelliger Jahresumsatz, Sitz im südwestfälischen Herscheid. Sie macht was mit Säften, er was mit Eisen. Privat sind Heyl und Alberts seit fünf Jahren ein Paar. Im September 2021 wollen sie heiraten.
In ihrem Alltag versuchen sie, viele Gegensätze zu vereinbaren, auch gegen Widerstände. Digitale Industrie und traditionelle, kleiner Betrieb und großer, Neugründung und Familienunternehmen, Metropole und Kleinstadt. Wie kann das funktionieren - und sich sogar gegenseitig bereichern?
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