Knietief steht die 15-jährige Cara in einem Efeubeet und reißt Schlingpflanzen heraus. Angeekelt schaut sie auf Spinnen und Käfer, die überall herumkrabbeln. Die Gartenarbeit ist ein Teil der Herausforderung "Leben und Arbeiten im Kloster", der sich Cara und ihre sechs Mitschüler stellen. Der andere Teil ist das Beten, erzählt sie: " Also um halb acht ist die erste Andacht, dann ist arbeiten bis zwölf und dann ist die Mittagsandacht. Danach ist wieder arbeiten bis halb sechs bis zur Abendandacht."
In Klostergarten, Hühnerstall und Heuwohnwagen sind derzeit sieben Schüler des Göttinger Otto-Hahn-Gymnasiums heimisch. Zwei Wochen lang beten und arbeiten sie im Kloster in Volkenroda in Thüringen. "Herausforderungsprojekt" nennt sich der Pilotversuch, den die Schule als erstes Gymnasium Deutschlands durchführt.
Wenn Cara morgens in ihrem Heuwohnwagen neben den Stallungen aufwacht, reibt sie sich erstmal die juckenden Augen und denkt an zu Hause. Schuld ist die Strohallergie, von der sie vorher nichts wusste. Dann muss sie aber auch schon zur Morgenandacht. Nicht etwa religiöse Gründe stehen hinter dem zweiwöchigen Klosteraufenthalt. Nein, beim Herausforderungsprojekt des Otto-Hahn-Gymnasiums Göttingen suchen sich die Achtklässler eine individuelle Herausforderung, die sie selbst planen, durchführen und durchhalten müssen.
Die Schüler hatten bisher wenig mit Kirche am HutCara sagt: "Also ich bin nicht religiös und konnte es bis jetzt auch gar nicht nachvollziehen, wie man überhaupt in die Kirche gehen kann. Deswegen wollte ich mir anschauen, wie Leute, die das seit mehreren Jahren machen, darüber denken."
Dreimal täglich beten und singen die Schüler mit Pilgern und den zölibatär lebenden Brüdern und Schwestern aus der Jesus-Bruderschaft. Dazu kommen die körperliche Arbeit und Kochen à la "Selbstversorgung". Als wäre das nicht schon genug Herausforderung, haben die Schüler noch eine weitere Hürde eingebaut, erzählt der betreuende Lehrer Christian Kratzin: "Interessanterweise haben die Schüler selber formuliert, sie wollen kein Handy mitnehmen. Das war für sie einer der wichtigen Punkte, dass sie das zu Hause lassen wollen. Sie haben auch freiwillig entschieden zu allen Andachten zu gehen, also auch diesen Rhythmus einzuhalten. Die jetzt hier im Klosterprojekt sind, sind auch alle nicht besonders kirchlich gebunden, von daher ist das eine total fremde Welt, in die sie sich hereinbegeben."
Aus Höflichkeit keine Arbeit ablehnenEine fremde Welt ist für Cara auch die Gartenarbeit. Sie geht dabei Bruder Markus zur Hand, der schon seit 16 Jahren die Grünflächen im Kloster pflegt. Claras Mitstreiter helfen auf den Feldern, in den Ställen und in der Klosterküche, erzählt die Achtklässlerin: "Man macht hier mehr Sachen die man zu Hause nicht machen würde, einfach auch, weil man aus Höflichkeit nicht sagen würde, 'nee, das will ich nicht'. Ich hasse Geschirr putzen und das musste ich auch machen, ich hasse Ställe ausmisten. Man macht die Sachen, die man nicht mag und gewöhnt sich daran."
Zeit für sich selbst bleibt dabei wenig: Cara hatte gedacht, dass sie gerade im Kloster viel Ruhe und Privatsphäre finden würde, doch die gibt es nur in den Andachten. Noch eine Woche muss sie durchhalten, dann aber mit einer bestandenen Herausforderung im Rücken, auf die sie stolz sein kann.