"Ungeimpfte werden sich früher oder später mit Corona infizieren: So prognostizieren es führende Expertinnen und Experten. Allen voran der deutsche Virologe Christian Drosten, aber beispielsweise auch der österreichische Simulationsforscher Nikolas Popper.
Den nicht-geimpften Erwachsenen ist dieses Risiko zuzumuten. Sie hatten bereits die Möglichkeit, sich impfen zu lassen und haben es bisher nicht getan – aus den unterschiedlichsten Beweggründen. Aber was ist mit den Kindern? Sie haben die Wahl nicht, für unter Zwölfjährige ist aktuell noch kein Impfstoff zugelassen. Auch wenn Biontech/Pfizer nun positive Studienergebnisse für die Immunisierung von Fünf- bis Elfjährigen vorgelegt hat - bis zum ersten Stich wird es noch dauern. Bis dahin werden sie offenbar dem Risiko überlassen, sich doch anzustecken - im Kindergarten, in der Schule, bei ihren Verwandten.
Zwar verläuft eine Infektion bei der Mehrzahl mild oder sogar ganz ohne Symptome. Aber es gibt sie, die Fälle, in denen Kinder tagelang krank im Bett liegen. Selten entwickeln sie auch das gefährliche PIMS, eine Entzündungsreaktion im Körper.
Und nicht zu vergessen: Auch die Jüngsten können Spätfolgen haben, Stichwort “Long Covid”. Laut einer britischen Befragung haben neun bis 13 Prozent der Kinder und Jugendlichen fünf Wochen nach einer Infektion noch mindestens ein Symptom. Sie sind dauermüde, husten oder haben Kopfschmerzen.
Dass es bereits kurz nach Schulbeginn hunderte Covid-Fälle in den Klassen gab, lässt erahnen: Auf die Familien könnte ein harter Herbst und Winter zukommen, mit der einen oder anderen Quarantäne. Begleitet von den bekannten Problemen dieses Ausnahmezustands: Die FreundInnen schon wieder nicht sehen können, Angst haben, den Anschluss zu verlieren, beim Lernstoff nicht mitkommen, gestresste Eltern. All das setzt den Kindern verständlicherweise zu.
Höchste Zeit also, sie besser zu schützen. Die eine Sache sind engmaschige PCR-Tests an den Schulen, um Infektionen schnell und effektiv auf die Schliche zu kommen. Einer in der Woche ist zu wenig, drei PCR-Tests pro Woche wären optimal, sagen ExpertInnen. Es ist außerdem unsinnig, nur die SitznachbarInnen abzusondern, wie es jetzt gehandhabt wird. Die Delta-Variante ist zu ansteckend. Sie kann sich in Klassen schlagartig ausbreiten.
Es braucht auch endlich eine Lösung für Kleinkinder, wie etwa PCR-Lolli-Tests. Die Kindergärten fordern sie schon länger. In Deutschland sind sie bereits im Einsatz.
Aber vor allem sollten sich die, die es können, impfen lassen. Damit die Inzidenzen runter gehen, man die Pandemie endlich in den Griff bekommt. Eine Million Immunisierte mehr könnten dafür ausschlaggebend sein, sagt die Virologin Dorothee von Laer. Das Problem bei den Corona-Fällen an den Schulen sind ihr zufolge nicht unbedingt die Kinder, sondern eher jene Kontaktpersonen der Kinder, die noch nicht geimpft sind. In einer US-Studie kam etwa heraus, dass ein umgeimpfter Lehrer ein Dutzend SchülerInnen ansteckte.
Zwar können auch Geimpfte andere anstecken, aber es ist weniger wahrscheinlich. Erwachsene sollten sich also impfen lassen, appelliert Virologin von Laer und liegt damit völlig richtig. Kinder haben in den vergangenen eineinhalb Jahren oft zurückgesteckt, um vulnerable Gruppen zu schützen. Sie waren solidarisch. Jetzt sind die Erwachsenen dran."
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