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Linda Peikert

Journalistin, Berlin

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Interview

"Es ging ihnen darum, kritische Berichterstattung zu unterbinden" (nd-aktuell.de)

Frau Förs­ter, wie kamen Sie dazu, im Nord­irak jour­na­lis­tisch tätig zu sein?

Nach dem Geno­zid des IS an den Jesid*innen im Jahr 2014 hat die Bericht­erstat­tung über die Regi­on Şen­gal in den hie­si­gen Medi­en sehr stark abge­nom­men. Dabei ist sehr beein­dru­ckend, wie die Bevöl­ke­rung trotz Repres­sio­nen eine Selbst­ver­wal­tungs­struk­tur auf­baut. The­men wie Öko­lo­gie, Geschlech­ter­be­frei­ung und Basis­de­mo­kra­tie spie­len dabei eine enorm wich­ti­ge Rol­le, die auch für den Rest der Welt in Zei­ten von Kli­ma- und Finanz­kri­sen von Bedeu­tung sind. Mir war es ein Anlie­gen, mit den Per­so­nen vor Ort zu spre­chen und ihre Anlie­gen und Geschich­ten in Deutsch oder Eng­lisch zu erzählen.

Und Sie woll­ten mit ihrem Kol­le­gen Matej Kavčič ein Medi­en­zen­trum aufbauen?

Ja, das war der Plan. Wir woll­ten ein Medi­en­zen­trum auf­zu­bau­en, über das wir Infor­ma­tio­nen, Foto­ma­te­ri­al und Video­ma­te­ri­al für Journalist*innen, west­li­che Medi­en, aber auch NGOs zur Ver­fü­gung bereit­stel­len woll­ten. Das wur­de aber lei­der durch unse­re Ver­haf­tung vom ira­ki­schen Geheim­dienst verhindert.

Am 20. April wur­den Sie und ihr Kol­le­ge ver­haf­tet. Was ist an die­sem Tag genau passiert?

An die­sem Tag war ein wich­ti­ges, jesi­di­sches Fest. Matej und ich hat­ten mit dem Auf­bau des Medi­en­zen­trums viel zu tun und waren schon so ein biss­chen hin und her­ge­ris­sen, ob wir über­haupt zu der Fei­er gehen kön­nen. Wir haben uns dann aber dafür ent­schie­den. Zwei Tage zuvor kam es zu Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen dem ira­ki­schen Mili­tär und den jesi­di­schen Sicher­heits­kräf­ten. Des­halb war die Situa­ti­on ein biss­chen ange­spannt, aber wir hat­ten trotz­dem ein sehr schö­nes Fest. Am Abend woll­ten wir dann gemein­sam mit einer jesi­di­schen Fami­lie nach Hau­se fah­ren, wur­den aber an einem Check­point auf­ge­hal­ten und rela­tiv schnell ver­haf­tet. Matej und ich wur­den in das loka­le ira­ki­sche Mili­tär­haupt­quar­tier gebracht. Anfäng­lich hieß es, es gäbe gar kein Pro­blem, sie wür­den nur was che­cken wol­len. Aber dann wur­de die Situa­ti­on immer ange­spann­ter und aggressiver.

Was war denn der Grund für die Verhaftung?

Begon­nen hat­te es damit, dass wir ein Pro­blem mit unse­ren Visa hat­ten. Des­halb habe ich mich am Anfang noch rela­tiv ent­spannt gefühlt, aber dann ist der Geheim­dienst ein­ge­trof­fen. Da wur­de mir klar, dass es ihnen ein Dorn im Auge ist, dass wir über die Situa­ti­on in Şen­gal Bescheid wis­sen und dar­über berich­ten. Es stan­den dann ver­schie­de­ne Vor­wür­fe im Raum: Von Ter­ror­ver­dacht bis hin zu Spio­na­ge. Alles war sehr unklar und wirr. Es ging ihnen aber dar­um, die kri­ti­sche Bericht­erstat­tung zu unter­bin­den, unter ande­rem über die ira­ki­schen und tür­ki­schen Angriffe.

Wie lan­ge wur­den Sie in dem Mili­tär­haupt­quar­tier in Şen­gal festgehalten?

Nach zwei Tagen haben sie uns nach Mos­sul gebracht und wir sind dort vier Tage fest­ge­hal­ten und auch ver­hört wor­den. Die Ver­hö­re führ­ten sie unter star­kem psy­chi­schen Druck: "Ihr habt kei­ne Rech­te. Kei­ner weiß, wo ihr seid. Wir kön­nen euch ein­fach ver­schwin­den las­sen ", sol­che Sät­ze sind immer wie­der gefal­len. Mei­nem Kol­le­gen Matej wur­de auch phy­si­sche Gewalt ange­droht. Wir haben immer wie­der erzählt, dass wir ein Medi­en­zen­trum auf­bau­en wol­len. Sie haben mit allen Mit­teln ver­sucht, uns dazu zu brin­gen, Infor­ma­tio­nen aus unse­ren Recher­chen preis­zu­ge­ben. Auch über die jesi­di­sche Selbst­ver­wal­tungs­struk­tu­ren, aber vor allem über ein­zel­ne Leu­te. Uns war klar, dass wir Per­so­nen damit in Gefahr brin­gen könn­ten. Zum Bei­spiel der Co-Vor­sit­zen­de der jesi­di­schen Selbst­ver­wal­tung Azad Hus­sein bekommt von Geheim­diens­ten immer wie­der Mord­dro­hun­gen per SMS.

Konn­ten Sie sich in Haft also mit Ihrem Kol­le­gen austauschen?

In Mos­sul ja, aber dann wur­den wir nach Bag­dad gebracht und von­ein­an­der getrennt. Zu der Zeit waren wir bei­de schon im Hun­ger­streik, weil uns jeden Tag gesagt wur­de, dass wir am nächs­ten Tag mit der Bot­schaft reden könn­ten. Am fünf­ten Tag des Hun­ger­streiks und drit­ten Tag in Bag­dad konn­te ich so den Kon­takt zur Bot­schaft durch­set­zen. Mich hat am meis­ten gestresst, dass ich nie wuss­te, was als nächs­tes pas­siert. Ich bin jetzt immer noch sehr auf­merk­sam, höre jedes Geräusch. Auch hier zurück in Deutsch­land beschäf­tigt mich noch die Rol­le der Bun­des­re­gie­rung in Bezug auf mei­ne Haft­zeit. War­um wur­de nicht frü­her mehr Druck auf­ge­baut? Zum Bei­spiel vom Aus­wär­ti­gen Amt? Wenn ich wie­der in den Irak rei­sen wür­de, wür­den sie mich direkt wie­der ver­haf­ten. Ich kämp­fe wei­ter­hin dar­um, dass wir frei­ge­spro­chen wer­den. Und ich hof­fe ein­fach, dass ande­re Journalist*innen hin­fah­ren und unser Pro­jekt wei­ter­füh­ren wer­den. Dann wur­den wir zwar auf­ge­hal­ten, aber dafür kom­men zehn kri­ti­sche Journalist*innen nach. Das wäre natür­lich mei­ne Wunschvorstellung.

Nach genau einem Monat Haft konn­ten Sie den Irak ver­las­sen. Der Haken: Sie wur­den nicht frei­ge­spro­chen, son­dern abge­scho­ben. Was bedeu­tet das für Ihre zukünf­ti­ge Arbeit?

Wenn ich noch­mal in den Irak rei­sen wür­de, wür­den sie mich direkt wie­der ver­haf­ten. Ich kämp­fe wei­ter­hin dar­um, dass wir frei­ge­spro­chen wer­den. Natür­lich bräuch­te ich auch erst­mal ein biss­chen Zeit, bis ich wie­der hin­fah­ren wür­de. Aber es sieht gera­de eher so aus, als wür­de der ira­ki­sche Geheim­dienst genau das ver­hin­dern wol­len. Und ich hof­fe ein­fach, dass ande­re Journalist*innen hin­fah­ren und unser Pro­jekt wei­ter­füh­ren wer­den. Dann wur­den wir zwar auf­ge­hal­ten, aber dafür kom­men zehn kri­ti­sche Journalist*innen nach. Das wäre mei­ne Wunschvorstellung.

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Erstellt am 27.05.2022
Bearbeitet am 27.05.2022

Quelle
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1...

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