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Umsetzung des Plastikverbots: Das Problem mit den Alternativen

Die Meere sind voll von Plastik, die Regale in Supermärkten auch. Bilder, in denen Tonnen von Müll an die Küste gespült werden, dürften den meisten bekannt sein. Um dem entgegenzuwirken, hat die EU im Jahr 2019 die Kunststoff-Richtlinie erlassen. Seit vergangenem Samstag muss sie in den Mitgliedsländern durchgesetzt werden. Doch wie steht es um die Umsetzung?

Die Richtlinie sieht vor, dass insgesamt zehn Produkte aus Einwegplastik und Styropor in der EU nicht mehr produziert und in Umlauf gebracht werden dürfen. Unter anderen dürfen Geschirr, Besteck, Wattestäbchen und Strohhalme aus Einwegplastik nicht mehr in den Regalen zu finden sein. Anlass für das Verbot ist, dass diese zehn Produkte zusammen mit Fischfanggeräten wie alten Fischernetzen rund 70 Prozent des gesamten Meeresmülls in der EU ausmachen.

Die Kontrolle des Verbots sei laut Einschätzungen der Verbraucherzentrale gar nicht so leicht, sagt Elke Salzmann, Referentin für Ressourcenschutz der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.: „Eigentlich ist das die Zuständigkeit der Ordnungsämter. Diese sind allerdings häufig überlastet." Sie gehe trotzdem davon aus, dass sich große Ketten an das Verbot halten werden, bei kleineren Unternehmen sei das jedoch schwerer nachvollziehbar. Salzmann kritisiert das Verbot: „Die Regelung umfasst nur bestimmte Produkte. Da wäre mehr drin gewesen." Zum einen klammere das Gesetz viele Produkte aus, wie beispielsweise To-Go-Becher aus oder mit Kunststoff. Zum anderen fehlen Regelungen zu alternativen Materialien, die Grenzwerte für Chemikalien und Zusatzstoffe festlegen. Weiterhin stehe in der Regelung eine finanzielle Beteiligung der Anbieter an der Entsorgung von Kunststoffen aus der Umwelt aus. Diese sei juristisch noch nicht wasserfest.

Kennzeichnungspflicht für Kunststoff

Produkte aus Einwegplastik, für die es noch keine Alternativen gibt, sind vom Gesetz ausgenommen. Hierzu zählen etwa Damenbinden, Zigaretten mit Filtern aus Kunststoff oder To-Go-Becher aus oder mit Plastik. Für diese Artikel greift ebenfalls seit Samstag ein weiteres Gesetz, die sogenannte Einwegkunststoff-Kennzeichnungsverordnung. Diese sieht vor, dass auf dem jeweiligen Produkt darauf verwiesen wird, dass dieses Kunststoff enthält. Zudem soll gekennzeichnet werden, wie es richtig entsorgt wird. Die Verbraucherzentrale begrüße diese Regelung, sagt Salzmann. Umfragen hätten gezeigt, dass große Unkenntnis in der Bevölkerung bestehe, in welchen Produkten Kunststoff enthalten sind und wie diese richtig entsorgt werden. Diesem Wissensdefizit wirke die Regelung entgegen.

Bereits produzierte Artikel dürfen für eine noch nicht festgelegte Übergangszeit weiterhin verkauft werden. Auf Anfrage, wie viele solcher Produkte noch in den Lagern der Supermärkte schlummern, können die größten deutschen Ketten Edeka, Aldi, Lidl und Rewe keine genauen Zahlen nennen. Elke Salzmann schätzt jedoch, dass die meisten großen Ketten ihre Produktsortiment frühzeitig umgestellt hätten. Diese Einschätzung stützt Andrea Ebert von der Edeka-Zentrale. Einweg-Plastikgeschirr der Eigenmarken wie Teller, Becher, Besteck oder Trinkhalme seien beispielsweise schon Ende 2019 aus dem Angebot genommen worden. Auch ALDI Nord führe laut einem Sprecher seit Anfang 2019 keine Einwegprodukte aus Kunststoff wie Geschirr, Becher und Trinkhalme mehr. Lidl habe Einwegplastik-Produkte Ende 2019 aus seinem Sortiment ausgelistet, heißt es auf Anfrage.

Das sind die Alternativen

Verpackungen und -becher können laut der Verbraucherzentrale NRW anstelle von Einwegplastik aus Pappe oder Bagasse hergestellt werden. Pappe benötige in ihrer Produktion viel Energie, Chemikalien und Wasser, weshalb die Klimabilanz ähnlich sei wie die von Einwegplastik. Bagasse ist der faserhaltige Pressrest, der bei der Herstellung von Rohrzucker übrig bleibt. Da es sich um ein Abfallprodukt handele, seien die Umweltauswirkungen geringer als die von Pappe. Trotzdem hat Bagasse nichts auf dem Komposthaufen zu suchen, da es mit wasser- und fettabweisenden Stoffen beschichtet ist, die nicht ohne Weiteres biologisch abbaubar sind.

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