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Nachhaltige Strumpfhose: Schonend für Nerven und Umwelt

Kaum ein Kleidungsstück spiegelt die Wegwerfgesellschaft besser wieder als die Strumpfhose. Das Kleidungsstück hält meist nicht länger als einen Tag, manchmal übersteht sie nicht einmal das Anziehen. Die Gefahren lauern überall: Fingernägel, Holzstühle, die falsche Bewegung. Hier will die Marke Hedoine ansetzen, um die Modewelt nachhaltiger zu gestalten. Anfang September kommt ihre erste kompostierbare und laufmaschenresistente Strumpfhose auf den Markt.

Dafür nutzt Hedoine zu 85 Prozent biologisch abbaubares Nylon, das sogenannte „Amni Soul Eco"-Garn. In anaerobem Zustand - also ohne Sauerstoff - soll sich der Stoff nach drei bis fünf Jahren zersetzen. Die Strumpfhose löst sich also nicht in der Schublade auf und auch nicht im Meeting.

Die richtige Entsorgung

In die Biotonne darf die Strumpfhose trotzdem nicht, sie muss im Restmüll entsorgt werden. Denn in Deutschland landet der meiste Biomüll auf dem Kompost, wo Sauerstoff an den Abfall kommt. Lediglich in Biogasanlagen wird Müll ohne Sauerstoff zersetzt. Der Restmüll hingegen landet in luftdichten Boxen auf Mülldeponien.

Auch weil die weiteren 15 Prozent der Strumpfhose aus Elasthan bestehen, hat das Produkt nichts im Biomüll zu suchen. Eine kompostierbare Alternative hat Hedoine dafür noch nicht gefunden. Weglassen könne man das Material allerdings auch nicht: „Sonst ist die Strumpfhose nicht mehr dehnbar", sagt Co-Gründerin Alexandra Tymann.

Im Idealfall landet die Strumpfhose aber ohnehin nicht so schnell im Müll: Sie soll nämlich auch laufmaschenresistent sein. „Wir wollen der Wegwerfkultur ein Ende setzen", sagt die zweite Gründerin Anna Rauch. Sie und Tymann arbeiteten jahrelang in der Finanzbranche, wo Strumpfhosen für viele Frauen zum Alltag gehören.

Nachhaltige Produktion

Weil auch bei ihnen viele Strumpfhosen in der Tonne landeten, entwickelten sie vor einigen Jahren eine Strumpfhose, bei der kleine Löcher nicht sofort lange Laufmaschen nach sich ziehen. Dazu nutzen sie dehnbareres Garn und eine andere Webmethode. Das Produkt wird in Großbritannien und Italien hergestellt und in einer recycelten Verpackung geliefert.

Außerdem färben Rauch und Tymann die Strumpfhose nicht erst ein, wenn sie schon produziert ist. Stattdessen mischen sie den noch unverarbeiteten Nylonkügelchen Farbpigmente bei. So muss das Kleidungsstück keinen Färbungsprozess durchlaufen, in dem es mehrmals gewaschen und getrocknet werden müsste. „Das Wasser, das wir nutzen, säubern wir. Dadurch entsteht ein Kreislauf" sagt Rauch. Das führt dazu, dass Hedoine nach eigenen Angaben 99,98 Prozent Wasser einspart.

Die Hedoine-Gründerinnen sind nicht die ersten, die versuchen, Strumpfhosen mehr Nachhaltigkeit überzustülpen. Die Marke Kunert brachte bereits 2017 die recyclebare „Blue Collection" auf den Markt. Ihre Modelle bestehen aus Econyl, einem eigens entwickelten Nylon-Garn, das zu 100 Prozent aus Abfallprodukten wie Fischernetzen, alten Teppichen und Wertstoffen gewonnen wird. Eine weitere Strumpfhose wird zudem aus biologisch abbaubarem Garn hergestellt. Auch Swedish Stockings bietet mittlerweile Strumpfhosen an, die zu 100 Prozent recyceltem Material bestehen. Und Wolford arbeitet seit 2010 an einem „Cradle to Cradle"- Recyclingkreislauf - bisher jedoch recht erfolglos. Mit der Kombination aus recyclebarem Material und Laufmaschenresistenz ist die Strumpfhose von Hedoine aber bislang einzigartig.

„In letzter Zeit findet viel Innovation in der Branche statt", sagt Tymann. Wer Wert auf eine nachhaltige Garderobe legt, muss also nicht auf Strumpfhosen verzichten. Davon profitieren dürfte auch der Geduldsfaden der Trägerin: Denn der wird durch Laufmaschen nicht selten überstrapaziert.

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