Blau-weiß-rote Flaggen hängen an den Wänden des Gewölberaums im Restaurant Dionysos am Schönhof in Frankfurt. Die Farben der Trikolore sind omnipräsent. Eine Handbreite entfernt sind weitere Flaggen befestigt: Diese sind blau mit einem goldenen Sternenkreis. Europa symbolisch ganz nah an Frankreich. Am Ende des Raumes wird der Wahlslogan Emmanuel Macrons „Avec vous", zu Deutsch „mit Euch", auf eine Leinwand projiziert. Zur öffentlichen Veranstaltung des lokalen Komitees von „La République en Marche" (LREM), der Bewegung des amtierenden französischen Präsidenten, sind knapp 30 Gäste erschienen. Junge Frauen in bequemer Kleidung nehmen dicht neben älteren Herren in Anzügen Platz, um sich über Macrons Wahlprogramm zu informieren.
Am Sonntag findet die erste Wahlrunde der französischen Präsidentschaftswahlen statt. Sollte keiner der Kandidaten die Mehrheit erzielen, folgt am 24. April die zweite. Auch Franzosen, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, dürfen wählen. Allein in Frankfurt und Umgebung gibt es nach Angaben von „La République en Marche" 15 740 wahlberechtigte Franzosen.
In Deutschland lebten zwei Kategorien von Franzosen, sagt Émilie Robert, die Verantwortliche für das Komitee LREM in Frankfurt: diejenigen, die nur temporär aufgrund ihres Berufs im Land seien und nach einiger Zeit zurück nach Frankreich gingen, und diejenigen, die blieben. Im Jahr 2017 haben sich Tausende Franzosen sowie Deutsch-Franzosen in vielerorts gegründeten Ortsgruppen engagiert, zum Beispiel im lokalen Komitee von LREM in Frankfurt.
Macron versuche, alte Strukturen aufzubrechenAnfang März wandte sich Macron dann mit einem Brief an die im Ausland lebenden Staatsbürger, um auch sie für seine Wiederwahl zu mobilisieren. „Ich war schon in der Lage, Hollande zu wählen, oder auch Chirac, jetzt bin ich aufgrund meines europäischen Werdegangs bei Macron gelandet", berichtet LREM-Mitstreiter Blaise Guillier. Er habe das Gefühl, Macron bringe die Franzosen wieder zur Arbeit und erzeuge Begeisterung. Über seinem Hemd trägt er ein rotes T-Shirt mit Macron-Aufdruck.
Die französisch-schweizerische Grünenpolitikerin Anna Deparnay-Grunenberg, die als Mitglied des Europäischen Parlaments in Brüssel sitzt, sieht Macrons Erfolgsgeheimnis in seiner jungen, dynamischen Art. Macron sei weder in das linke, noch in das rechte Spektrum einzuordnen. Er habe von seinem Image als Alternative zu den traditionellen Parteien profitiert. Macron versuche, alte Strukturen aufzubrechen und als Impulsgeber aufzutreten, das habe eine unglaubliche Euphorie unter den Franzosen in Deutschland ausgelöst. Im Jahr 2017 wurde Macron in Deutschland mit fast 93 Prozent der abgegebenen Wählerstimmen gewählt.
Deparnay-Grunenberg glaubt aber auch, dass „die High-end-Begeisterung für Macron, die 2017 ausgelöst wurde, bei den Ausländerfranzosen mittlerweile etwas gedämpft ist". Der versprochene wirtschaftliche Aufschwung sei nicht wirklich geglückt, und auch der Sozialstaat sei mit Macron leicht geschrumpft. Trotzdem mutmaßt Deparnay-Grunenberg, dass ungeachtet der Ernüchterung der letzten Amtszeit viele Franzosen dem amtierenden Präsidenten noch eine zweite Chance geben werden.
Zwar gebe es in Frankfurt mehrere französische politische Organisationen wie „Die Grünen" oder das lokale Komitee der „Parti Socialiste". Dennoch bleibe „La République en Marche" die einzige Partei, die Raum für öffentliche Partizipation schaffe und damit werbe. So sei Macrons wichtigste Gegenspielerin, die Rechtsextreme Marine Le Pen, in keinen Communitys in Deutschland vertreten und müsse bei den Auslandsfranzosen mit wenig Zuspruch rechnen.
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