Wir besitzen alle viel zu viel. Genau deshalb entscheiden sich Minimalisten, ihren Besitz einzudampfen. Im Stuttgarter Selfstorage-Haus „MyPlace" haben wir einen Kunden in sein Lager begleitet, der zwar kein Minimalist ist, aber auf anderem Weg gegen die Konsumgesellschaft vorgeht.
Sein Lagerabteil hat Robin Illner nicht sofort gefunden. Graue Betonwände, blaue Stahltüren - die fahl beleuchteten Flure sehen alle gleich aus. Von irgendwo her dudelt Radiomusik. Ein bisschen Endzeitstimmung, trotzdem irgendwie angenehm. In Illners Lager, 8qm groß, stehen Möbel in ihre Einzelteile zerlegt. Eine Couch, ein Bett aus Massivholz, ein Tisch.
Die Einrichtungsgegenstände haben einem Herrn gehört, der ins Pflegeheim musste, erzählt Illner. Der 29-Jährige, der einen Hausmeisterservice und die „Rümpelhelden" Stuttgart betreibt, hat die Wohnung selbst entrümpelt. Bei den Entrümpelungen erlebe der Unternehmer eine Wegwerfgesellschaft, und das nerve ihn.
„Ich sehe jeden Tag einmal bei Besichtigungen und dann bei der Ausführung, was alles weg soll, weil die Angehörigen es entweder nicht behalten können, oder nicht mehr wollen. Die Leute wollen nicht mal mehr vorbeikommen und es kostenlos abholen. Sie müssten ja dann Sprit bezahlen, müssten sich die Mühe machen. Das ist ja eigentlich Wahnsinn." Robin IllnerIllner hat daher ein externes Lager angemietet. Dort bringt er auf eigene Kosten Fundstücke aus entrümpelten Wohnungen unter. Er will sie im Netz verkaufen oder selbst behalten. Jedenfalls vor dem Wegwerfen schützen.
Mit seiner Geschichte ist der Unternehmer eher ein Einzelfall bei „MyPlace". Die meisten Kunden kommen aus ganz pragmatischen Gründen, weiß Mitarbeiterin Carmen Brenner.
„Aufgrund der Wohnungssituation, die momentan hier bei uns herrscht, also nicht hier in Baden-Württemberg, sondern deutschlandweit. Dann die steigenden Mieten. Es gibt Wohnungen, die immer weniger Keller anbieten, das heißt, die Menschen, die hierher kommen, nutzen das zum Großteil auch langfristig. Einfach um die Dinge unterzubringen, wo sie keinen Platz mehr finden." Carmen BrennerSelfstorage - mit Lagerraum gegen die Wegwerfgesellschaft
Sie heißen MyPlace, Lagerbox oder Extraraum - die Zahl der Firmen, die externen Lagerraum anbieten, steigt bundesweit. Das liegt vor allem am angespannten Wohnungsmarkt: Viele können sich nur noch kleine Wohnungen leisten und müssen für einen Teil ihrer Möbel oder Kleider ein Lager mieten. Und an unserem Konsumverhalten: Wir besitzen alle viel zu viel. Genau deshalb entscheiden sich Minimalisten, ihren Besitz einzudampfen. SWR-Reporterin Leonore Kratz hat in Stuttgart das Selfstorage-Haus MyPlace besucht und einen Kunden in sein Lager begleitet, der zwar kein Minimalist ist, aber auf anderem Weg gegen die Konsumgesellschaft vorgeht.
Die Zahl der Kunden steigt. Genau wie die Anzahl der Selfstorage-Häuser. Die hat sich in Deutschland in nur 4 Jahren von 143 auf 273 Lager fast verdoppelt, schätzt der Europäische Selfstorage Verband „Fedessa".
Robin Illner ist wichtig, dass die Geschichte der Möbel weiter geht. Und er findet für diese fast immer neue Besitzer:
„Letztens haben wir eine Mitarbeiterin gehabt, die alleinerziehende Mutter ist. Sie hat dringend eine Spülmaschine gebraucht. Und dann hatte man bei einer Entrümpelung genau diese Waschmaschine (...). Das sind so Geschichten, da kann man einfach mal kurz einen Mitarbeiter glücklich machen. Sie war total happy, ja, fröhlich. Die einfachsten Sachen können dann schon helfen. Robin Illner