Leon Igel

Journalist , Zürich/Mannheim/Fulda

2 Abos und 2 Abonnenten
Artikel

Kunstversicherung: Irgendwer wird zahlen müssen

Tomatensuppe, Kartoffelbrei und bald vielleicht auch Grünkohl: Auf die Kunst kommen schwere Zeiten zu, sollten Klimaaktivisten weiter so eifrig um sich schmeißen. Den Gemälden geht es an den Rahmen, und die Museen stehen vor einem Dilemma: Investieren sie nicht zusätzlich in die Sicherheit ihrer Ausstellungen, könnten Werke ernsthaft beschädigt werden. Das würde Millionen kosten. Keine gute Idee. Verstärken sie ihre Sicherheitsvorkehrungen, schützt das zwar die Kunst, kostet aber auch viel Geld und nervt obendrein. Zum Beispiel, wenn sich Besucher künftig wie bei Check-in-Kontrollen am Flughafen anstellen müssten oder wenn Eltern keine Milchflaschen für ihre Babys mehr mit in die Ausstellung nehmen dürften. Wie man es anstellt: Es wird teuer und lästig.

Viele fordern, die Bilder auf jene Art zu verglasen, welche die zuletzt beworfenen Werke von Monet (Getreideschober, Potsdam), van Gogh (Sonnenblumen, ) und Vermeer (Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge, Den Haag) gerettet hat. Remigiusz Plath, Sicherheitsexperte beim Deutschen Museumsbund, rechnet vor: Ein Gemälde mit speziellem Museumsglas zu versehen, das bruchsicher ist und vor UV-Licht schützt, kostet zwischen ein paar Hundert und zehntausend Euro. Wohlgemerkt: Das gilt nur für Formate bis zu 1,50 Meter und ohne Rahmen. Mit einer Million Euro ließen sich demnach gerade mal hundert Bilder ausreichend schützen.

Bisher sind vor allem die teuersten Werke verglast, doch in einer Ausstellung kommen schnell Hunderte Bilder zusammen. Die alle hinter einer Scheibe zu sichern geben die Budgets der Häuser nicht her. Nur ein Beispiel: Das Städel Museum Frankfurt zeigt in seiner Dauerausstellung aktuell rund 900 Werke. 2021 hatte es Erträge von rund 20 Millionen Euro, aber ebenso viele Ausgaben. Jeder Euro für mehr Sicherheit muss an anderer Stelle eingespart werden.

Entspannung kommt aus der Versicherungsbranche. Die Attacken der Klimaaktivisten dürften die Prämien nicht beeinflussen, dafür seien die verursachten Schäden zu gering, sagt Eric Wolzenburg. Der Leiter der Kunstversicherung bei der Allianz kalkuliert, dass ein ordentlicher Klacks Brei auf Scheibe und Rahmen eines Gemäldes Reinigungskosten von rund 15.000 Euro verursache. Für ein bisschen Kartoffelmatsch ist das viel - für eine Versicherung eher nicht. Zudem kleben sich Aktivisten meist am Wurfpunkt fest, die Versicherer können also leicht Regress fordern. Wolzenburg macht die Situation insofern nicht nervös - solange die Aktivisten keine härteren Geschütze abfeuern als Brei und Suppe.

Weniger gelassen sieht das Stephan Zilkens. "Die Museen haben bisher einfach Schwein gehabt", sagt der Kunstversicherungsmakler aus Köln, denn Glasscheiben könnten Gemälde nicht zuverlässig vor allen Flüssigkeiten schützen. Dafür müsste man diese schon in teuren Vitrinen verschanzen. Zilkens hält es nur für eine Frage der Zeit, bis es zu größeren Schäden komme.

[...]

Zum Original