Corona und der Ukrainekrieg versetzen die Hochschulen in den Zustand der Krise. Nötig wäre eine Phase der Selbstreflexion: Was wollen die Universitäten überhaupt? Gedanken zum Semesterbeginn.
Vergangenes Wochenende bin ich mit Freunden zum ersten Mal seit Corona wieder in unsere Lieblingskneipe nach Heidelberg gegangen. Dort war es so wie immer: Schmutz von siebzig Jahren und Udo Jürgens aus dem Lautsprecher. Die Zigaretten qualmten, das Pils schmeckte wie eh und je und irgendwann sind wir davongezwitschert. Corona egal. Nur eines war anders: Eine Ukraine-Flagge hing über dem Thekenregal, unübersehbar groß.
Die Zeichen stehen auf Normalität und wir Studierenden kehren aus unserer Zwangspause zurück ins bunte Leben. Die aus den höheren Semestern finden ihr altes Leben wieder, die jüngeren müssen sich neu orientieren, weil sie als Teil der Corona-Kohorte die Universität nur per Zoom aus dem Kinderzimmer kennen. Wir alle hoffen jetzt, dass die (übrig gebliebene) Studienzeit wieder so verheißungsvoll wird, wie sie einmal war. Doch wie das funktionieren soll, weiß niemand. Den meisten dämmert es, dass eine Rückkehr in eine Hochschullandschaft anno 2020 unmöglich ist.
Die ganzen Corona-Schnellteststäbchen haben nicht nur an unseren Gehirnrückwänden gekratzt, sondern auch an dem Verständnis von Studium und Hochschule. Manche Vorlesungen und Seminare wurden ohne nennenswerten Qualitätsverlust ins Digitale überführt, Hausarbeiten ließen sich ohne den Besuch einer Bibliothek schreiben und Klausuren verdeutlichten in ihrer „Take home"-Variante all ihren Sinn - oder Unsinn.
Man muss es hervorheben, die Online-Uni hat ihre guten Seiten. Und sie verschärft wie ein Brennglas die Schwachstellen des Betriebes. Eine schrecklich schlechte Vorlesung ist online zum Beispiel viel erträglicher, weil man das aufgezeichnete Video einfach in doppelter Geschwindigkeit laufen lassen kann und nur bei klausurrelevanten Stichworten auf Pause drückt. So lernt man zwar nichts, aber die Klausur wird gut. Wie effizient ist das denn?!
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