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Meine Woche: Jedem sein eigener Kopf

Ingrid Müller, Leiterin des Kunstrefugiums. (Foto: Privat)


Die Geschichte des "Kunstrefugiums" beginnt wie eine neumodische Beziehung: Wie haben sich die Gründer denn kennengelernt? "Im Internet", antwortet Ingrid Müller . "Auf einer Chat-Seite für Künstler, die heute keiner mehr benutzt." Die 48-Jährige leitet den bunten Haufen an Künstlern, die sich zusammengeschlossen haben, um gemeinsame Ausstellungen und Projekte, vorrangig in München, auf die Beine zu stellen. Am Wochenende feiert der Verein sein zehnjähriges Bsstehen im Quiddezentrum in Neuperlach. Die Künstler, das sind Maler, Fotografen, Bildhauer aus München, Rosenheim, Hamburg, Berlin - jeder mit seinem eigenen Stil, jeder mit seinem eigenen Kopf.

Dass alle gut miteinander auskommen, liegt auch daran, dass sich die momentan 35 Künstler selten sehen: Das Kunstrefugium tauscht sich online aus, trifft sich einmal jährlich zur Hauptversammlung und sonst nur zu Ausstellungen. "Wir sind kein Stammtischverein, das ist rein beruflich", sagt Müller und klingt dabei ziemlich erleichtert. "Künstler sind eben schwierig", meint sie, da braucht man Vorgaben und am besten wenig Diskussion: Welches Bild in der Ausstellung wo hängt, entscheidet der, der es aufhängt. Punkt. Wer keine Aufhänger an seine Bilder heftet, zahlt fünf Euro in die Kasse - was wie die zehn goldenen Regeln im Klassenzimmer klingt, funktioniert für den Verein gut.

Die Künstler profitieren von der Synergie: In der Gruppe können sie sich Organisation, Kosten und Öffentlichkeitsarbeit teilen, "wie ein kleines Unternehmen", sagt Müller. Gemeinsam kann man sich leichter vermarkten. In den vergangenen Jahren hat der Verein an Straßenfesten mitgewirkt, Ausstellungen realisiert, Kulturfestivals veranstaltet. Im Quiddezentrum, direkt gegenüber dem Atelier von Ingrid Müller, steht ihnen außerdem ein großer Raum zur Verfügung, der Kunsttreff. Zur Jubiläumsfeier am Wochenende mit Mal- und Tanzvorführungen darf dort jedes Vereinsmitglied nur ein Werk ausstellen, damit der Platz für alle reicht.

Den Kunsttreff bietet der Verein sonst Künstlern aus ganz Deutschland an, die dort quasi mietfrei ihre Werke zeigen können. Hauptsächlich Berufskünstler möchte das Kunstrefugium damit unterstützen. Die, die "am Existenzminium krebsen", wie Ingrid Müller es ausdrückt. Nur von der Kunst leben? Die Münchnerin schüttelt den Kopf. Sie kennt keinen, der das kann. "Die fahren alle nebenher Taxi oder so etwas." Das mit der Kunst sei auch keine Entscheidung dafür oder dagegen: "Wer wirklich Künstler ist, der wird krank, wenn er es lässt."

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