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Selbstversuch: Eine Woche ohne Smartphone

Durchschnittlich vier Stunden und 25 Minuten widme ich meinem Smartphone täglich. Alle 15 Minuten schalte ich mein Display an, 63-mal am Tag, 441-mal in der Woche. Das fand die App „Moment" heraus, die mein Nutzungsverhalten über zwei Monate analysierte. Eigentlich paradox, dass gerade eine App mir zeigt, wie sehr ich am realen Leben vorbeiswipe. Doch damit ist jetzt Schluss. Ich will wissen, ob digitales und analoges Leben überhaupt noch voneinander trennbar sind. Eine Woche teste ich deshalb, wie es ist, ohne Smartphone auszukommen - keine Whatsapp-Nachricht mehr lesen, kein Foto auf Instagram posten und keine lustige Momentaufnahme bei Snapchat verschicken.

Ich bin 17 Jahre alt und besitze seit meinem 13. Lebensjahr ein Smartphone. Damit bin ich ein echter Digital Native. So nennen Forscher die, die mit Smartphones und sozialen Medien aufwachsen. Nur etwa 5 Prozent der 14- bis 29-jährigen Deutschen haben laut dem Statistikportal Statista, zumindest zeitweise, kein Smartphone. Meiner Generation wird häufig von Älteren vorgeworfen, ohne die digitale Welt nicht mehr lebensfähig zu sein. Wir stünden überfordert vor Busfahrplänen und könnten keine einzige Postkarte anständig frankieren. Das führt dazu, dass ich mich ständig dafür rechtfertigen muss, wenn ich mal auf mein Smartphone schaue. Und das bin ich leid.

Dennoch: Immer offline zu sein ist schwieriger als gedacht. Schon mein erster analoger Schulweg im Bus fühlt sich komisch an, und der dauert gerade einmal 30 Minuten. Aus den Kopfhörern neben mir ertönt uralte Chartmusik, die ich schon schrecklich fand, als sie noch neu war. Dumm gelaufen: Ich habe keinen MP3-Player, sondern ein Abo der Musikstreaming-App Spotify - aber kein Smartphone, mit dem ich es nutzen könnte. Meine eigene Musik kann ich also nicht hören. Noch schlimmer finde ich: Jeder um mich herum scheint daueronline zu sein. Alle, die ich beobachte, checken Facebook, twittern und verschicken eben schnell ein paar Whatsapp-Nachrichten, während sie auf die Bahn warten, mit mir zusammen die Pause verbringen oder eigentlich arbeiten sollten. Alle 18 Minuten nehmen die Deutschen ihr Smartphone in die Hand, fand der Buchautor und Informatikprofessor Alexander Markowitz in statistischen Analysen heraus (mehr dazu im Kasten). Ich fühle mich abgeschottet von meinen dauertickernden Mitmenschen, stehe mit leeren Händen daneben und weiß nichts mit mir anzufangen.


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