Menschen mit Behinderung fühlen sich in der Pandemie oft vergessen. Über den Kampf, gesehen zu werden - und endlich eine Impfung zu bekommen.
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Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes leben rund 7,9 Millionen schwer behinderte Menschen in Deutschland, knapp 255 000 von ihnen sind unter 35 Jahre alt. Der Deutsche Behindertenrat berichtet , dass sie besonders von den Corona-Maßnahmen und ihren Auswirkungen betroffen seien. So könnten viele von ihnen nicht zur Arbeit gehen oder keinen Besuch empfangen. Einsamkeit und Isolation, worunter derzeit viele Menschen leiden, treffen Menschen mit Behinderung besonders stark. Bereits vor der Pandemie hat sich mehr als jeder dritte Mensch in Deutschland mit Beeinträchtigung oder Schwerbehinderung einsam gefühlt, bei Menschen ohne Beeinträchtung waren es dagegen nur rund 15 Prozent. Das ergab der Paritätische Teilhabebericht 2020 des Paritätischen Gesamtverbandes.
Aktuell häufen sich zudem Berichte von Inklusionsbetrieben, die in finanzieller Notlage sind. Menschen können nicht zur Arbeit gehen oder sind seit Monaten im Homeoffice. Und auch der Parasport ist betroffen: Der Deutsche Behindertensportverband meldet, dass der Behindertensport überproportional leide und prognostiziert einen hohen Mitgliederverlust von bis zu 15 Prozent in den Landesverbänden und Vereinen. Und über all dem schwebt immer auch noch die Angst vor einer Ansteckung.
Ein langer Weg bis zur Impfung
Einer, der sich von diesem System vergessen fühlte, ist Christian Homburg. Der 25-Jährige hat deshalb Anfang Januar die Petition „Impfschutz auch für Schwerbehinderte Menschen außerhalb von Pflegeeinrichtungen" gestartet, mittlerweile haben mehr als 100 000 Menschen unterschrieben. Damit hat der Warendorfer, der eine seltene Form von Muskelschwund hat, Öffentlichkeit für das Thema geschaffen. „Es wird immer sehr gerne von Inklusion gesprochen, aber in den Köpfen der führenden Politiker scheint nicht drin zu sein, dass schwerbehinderte Menschen ganz normal in ihren eigenen Wohnungen inmitten der Gesellschaft leben", sagt Christian im Zoom-Gespräch. Er glaubt, dass die Petition Aufmerksamkeit für das Thema geschaffen und dazu beigetragen hat, Einzelfallanträge für Impfungen möglich zu machen.
Es fehlen konkrete Impfangebote
Graumann kritisiert zudem, dass Menschen mit Behinderung durch die politische Entscheidung, Berufsgruppen wie Lehrer*innen eine Priorisierungsgruppe höherzustufen, zum Teil nun länger auf ihre Corona-Impfung warten müssten. Das sei ethisch problematisch und ungerecht. Nach Empfehlungen der Ständigen Impfkommission wurden Lehrer*innen zunächst in Gruppe drei eingeordnet, werden aber nach einer Änderung der Impfverordnung nun in Gruppe zwei geimpft .
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist in Zusammenarbeit mit der Katholischen Journalistenschule ifp entstanden. Die Autorin des Textes ist dort Stipendiatin und hat diesen Beitrag innerhalb eines gemeinsamen Projektes mit jetzt recherchiert und verfasst. Die im Rahmen des Projektes entstandenen Beiträge findest du auf der Themenseite „jetzt: Freiheit".