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Gefährdet: Seen und Flüsse in Europa

Ein See wie dieser kann seine Artenvielfalt schnell verlieren.

Die europäischen Gewässer sind gefährdet. Faktoren wie der Klimawandel spielen unter anderem eine große Rolle. Das führt zu geringer Artenvielfalt und zu eingeschränkten Leistungen von Flüssen und Seen. Wir haben mit Wissenschaftler Prof. Dr. Daniel Hering für Aquatische Ökologie an der Universität Duisburg-Essen (UDE) gesprochen, der ein Forschungsprojekt dazu leitet.

„Uns interessiert vor allem, wie sich verschiedene Belastungen gemeinsam auf Gewässer auswirken", erklärt Hering. „Häufig hat man ja die Situation, dass beispielsweise ein Gewässer mit Abwasser verschmutzt ist und gleichzeitig eine klimawandelbedingte Temperaturerhöhung dazu kommt."

Dem Wissenschaftler und seinem Team ging es darum zu untersuchen, wie zwei verschiedene Belastungen zusammenwirken, zum Beispiel Temperaturerhöhung oder Verunreinigungen, und welche Auswirkung das für das jeweilige Gewässer hat. Dazu forschte die Gruppe an Flüssen und Seen in ganz Europa.Heraus kam dabei eine Situation, die die Wissenschaftler*innen folgendermaßen definierten: „1+1=3". Am Beispiel eines Sees lässt sich das Prinzip so erklären: Wenn ein See mit Nährstoffen belastet ist und gleichzeitig auch eine Temperaturerhöhung vorliegt, kann das dazu führen, dass der See in der Nacht zu wenig Sauerstoff hat. Denn je wärmer das Wasser ist, desto weniger Sauerstoff kann sich lösen. Durch die vielen Nährstoffe ist der Sauerstoff zwar tagsüber vorhanden, aber die über Tag produzierte Biomasse baut sich nachts unter Sauerstoffverbrauch ab.

So kann in diesem See der Sauerstoffgehalt so gering werden, dass viele Tier- und Pflanzenarten hier nicht mehr überleben können. „Das Beispiel zeigt die häufig unterschätzte Wirkung multipler Belastungen", so Hering. „Wir kennen zwar die Wirkung jeder einzelnen Belastung. Das ist aber oft nicht alles, weil die verschiedenen Belastungen miteinander interagieren können und dadurch die Summe der Belastung insgesamt stärker ist als jede einzelne Belastung."

Landwirtschaft und Gewässer separieren

Hering erklärt, dass bei Seen die Wirkung Nährstoffanreicherung das Hauptproblem sei und sich Nährstoffe und Temperaturerhöhung in ihrer Wirkung verstärken. Bei Flüssen gehe es aber oftmals weniger um die Wasserqualität, sondern eher um die Begradigung oder Aufstauung des Gewässers. Deren Wirkung könne sich ebenfalls im Zusammenspiel mit Nährstoffanreicherung verstärken. Aber wie lässt sich nachhaltige Wasserqualität herstellen und das Artensterben in den Gewässern vermeiden?

„Gerade in Zeiten des Klimawandels muss man Nährstoffe deutlich reduzieren", sagt Hering. Das ist nicht einfach, weil die meisten Nährstoffe über die industrielle Landwirtschaft in die Gewässer gelangen. Viele Gewässer werden zudem von landwirtschaftlichen Rückständen, beispielsweise Pestiziden, die durch den Wind oder Starkregen ins Wasser gelangen, beeinträchtigt. „Wichtig ist, die landwirtschaftliche Flächen und Gewässer zu separieren", so Hering. „Deshalb sind Uferstreifen zwischen Äckern und Gewässern sinnvoll." Dies führt gleichzeitig auch zu einer Beschattung von Flüssen durch Bäume.

„Wichtig zu wissen ist, dass in Deutschland etwa 50 Prozent der Fläche für Landwirtschaft genutzt wird. 60 Prozent der Ackerflächen für den Anbau Tierfutter", beschreibt der Wissenschaftler. „Somit sind wir alle in der Verantwortung. In dem wir weniger tierische Produkte konsumieren, kann die landwirtschaftliche Intensität sinken und wir können so zum Erhalt der Artenvielfalt in den Gewässern beitragen."

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