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Edgar Selge und Sohn lesen in Frankfurt

Die Schauspieler Edgar Selge und Jakob Walser, Vater und Sohn, lesen gemeinsam im Frankurter Schauspielhaus aus Björn Bickers Buch "Was glaubt ihr denn?"

Zeit, mal wieder über Religion zu reden. Oder vielmehr, überhaupt mal über Religion zu reden. Über die vielen Religionen, die Deutschland in sich vereint, und die sich häufig vor allem im gegenseitigen Misstrauen gleichen. Es ist unter anderem diese Thematik, mit der sich Björn Bicker in seinem Buch „Was glaubt ihr denn?" auseinandersetzt. Am Freitag, 12. Januar, lesen die Schauspieler Edgar Selge und Jakob Walser; Vater und Sohn, im Frankfurter Schauspielhaus eine vom Autor gekürzte Fassung des Werks.

„Wir haben uns gezielt für das Buch entschieden", sagt Jakob Walser. Besonders spannend sei für ihn gewesen, dass es sich um eine „Textfläche" handele, nicht um einen Text mit Handlung. „Wenn wir diesen Text lesen, ist es, als würde man sich in ein großes Ohr verwandeln, das plötzlich alles hören kann, was geredet wird." Es ginge nicht um die Details der einzelnen Religionen, stimmt sein Vater ihm zu, sondern um „das ungeheuer bunte Bild so vieler verschiedener Religionen nebeneinander."

In Bickers Buch, das 2016 erschien, lässt der Autor einen „Chor der Gläubigen" dem Publikum als „Chor der Ungläubigen" gegenübertreten. Das Buch enthält außerdem recherchierte Biografien.

Für die beiden Schauspieler ist es nicht die erste Zusammenarbeit. Sie haben schon gemeinsam vor der Kamera gestanden und auch in Bochum sowie Recklinghausen bereits aus Bickers Buch gelesen. „Das ist immer etwas Besonderes", sagt Jakob Walser dennoch, „wenn man jemanden, den man so lange kennt, plötzlich in einem anderen Zusammenhang sieht." Der Sohn des Schauspielerehepaars Edgar Selge und Franziska Walser wurde 1980 geboren und spielt derzeit am Theater Bielefeld. Auch sein Vater genießt die Zusammenarbeit: „Bei der Lesung geht es um das Verstehen einer bestimmten Problematik, und da bin ich bestimmt genauso neugierig auf Jakob wie Jakob auf mich. Natürlich hat auch jede Generation einen anderen Blick darauf."

Viele kennen Edgar Selge als einarmigen Kommissar Tauber aus dem „Polizeiruf 110". Der Grimme-Preisträger war lange an den Münchner Kammerspielen beschäftigt. Die Thematik des Mit-, Gegen- und Nebeneinanders der Religionen sei gerade jetzt wichtig, meint er: „Durch die vielen Migranten, die ihre Religion hier in unser Land gebracht haben, ist eine Art Provokation in Bezug auf die Frage entstanden, was bedeutet euch eigentlich eure eigene Religion?" Ein Zitat von Björn Bicker lautet, wer im eigenen Glauben gefestigt sei, habe kein Problem mit dem Glauben anderer. Selge erwidert darauf, das Problem in Deutschland sei, dass man ja nicht einmal eine Glaubenskrise habe: „Der Glaube spielt einfach eine sehr geringe Rolle. Es ist zunächst ein Sich-Kümmern um eine Lehrstelle, und nicht unbedingt ein Sich-Wohlfühlen in den Gewissheiten von Religionen."

Für Jakob Walser ist das Spannende an der Lesung die Konfrontation der beiden Chöre, da er sich selbst eher zum Chor der Ungläubigen zählen würde: „Das ist ein Punkt, an dem man selbst in den Spiegel schaut." Das Sich-Wiederfinden im Text ist ein Aspekt, den auch Edgar Selge an Bickers Arbeit hervorhebt: „Was diesen Abend interessant machen kann, ist, dass man sich von seinen eigenen Feindbildern plötzlich gar nicht so sehr unterscheidet, sondern eigentlich nebeneinander und damit zusammengehört. Dass man mit dem eigenen Feindbild durchaus austauschbar ist." Gerade deshalb sind beide gespannt auf die Reaktionen des Publikums am Freitagabend.

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